[826]Editorischer Bericht
Zur Entstehung
Nach dem Vorbild des Evangelisch-sozialen Kongresses und des Vereins für Socialpolitik veranstalteten die Evangelisch-soziale Vereinigung für Baden und die Evangelisch-soziale Konferenz für Württemberg vom 4. bis 8. Oktober 1897 in Karlsruhe einen sozialwissenschaftlichen Kursus für die sozial interessierte Öffentlichkeit. Beide Vereinigungen waren auf Anregung von Mitgliedern des Evangelisch-sozialen Kongresses gegründet worden.
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Die Konstituierung der Vereinigung für Baden war am 7. Juni 1894 erfolgt,[826] Herz, Johannes (Hg.), Evangelisches Ringen um soziale Gemeinschaft. Fünfzig Jahre Evangelisch-Sozialer Kongreß, 1890–1940. – Leipzig: Hinrichs und Klotz 1940, S. 53–57.
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die der Konferenz für Württemberg im Winter 1894/95.„Eine evangelisch-soziale Vereinigung in Baden“, in: Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, Nr. 3 von März 1895, S. 5.
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Herz, Evangelisches Ringen, S. 56; Chronik der Christlichen Welt, Nr. 21 vom 30. Mai 1895, Sp. 191.
Max Weber, der sich bereits in Freiburg für die Organisation von Vorträgen im Rahmen der Evangelisch-sozialen Bewegung eingesetzt hatte,
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war Mitglied des Ausschusses der Vereinigung für Baden; in dieser Funktion unterzeichnete er im September 1897 einen Aufruf zum Besuch des sozialwissenschaftlichen Kursus in Karlsruhe.Siehe dazu den Bericht „In der Organisation der evangelisch-sozialen Bewegung“, in: Freiburger Zeitung, Nr. 48 vom 27. Febr. 1896, 2. BI.
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Auch hatte er sich zuvor schon an der Planung des Kursus beteiligt, seine Mitarbeit zugesagt und u. a. versucht, seinen Nachfolger in Freiburg, den Nationalökonomen Carl Johannes Fuchs, für eine Vortragsreihe über „Mittelstandspolitik“ bzw. „Groß- und Kleinbetrieb“ oder „Handelspolitik“ zu gewinnen.In diesem Band abgedruckt, S. 902f. Siehe auch den dazugehörigen Editorischen Bericht. Wann genau Weber Mitglied der Vereinigung wurde, ist nicht bekannt.
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Obwohl er ihm das Interesse, das den Kursen „namentlich in den besseren und Beamtenkrei[827]sen“ entgegengebrachtwerde, als „ein sehr reges“ schilderte,Brief an Carl Johannes Fuchs vom 19. Juni 1897, UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391.
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gelang es ihm nicht, Fuchs zu gewinnen, so daß schließlich Anfang Oktober neben Max Weber die Nationalökonomen Heinrich Herkner, Gerhart von Schulze-Gaevernitz, Hermann Losch, Walter Troeltsch sowie der Frankfurter Stadtrat Karl Flesch als Referenten auftraten. Herkner referierte über „Unternehmer- und Arbeiterverbände“, Schulze-Gaevernitz über „Handelspolitik“, Losch über das „Bevölkerungsproblem“, Troeltsch über die „Handwerkerfrage“ und Flesch über „Kommunalpolitik“.[827] Brief an Carl Johannes Fuchs vom 24. Juni 1897, UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391.
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Weber referierte über „Agrarpolitik“Siehe dazu die Berichte der Badischen Landeszeitung, Nr. 232 vom 5. Okt. 1897, 2. Blatt; Nr. 233 vom 6. Okt. 1897, 1. und 2. Blatt; Nr. 234 vom 7. Okt. 1897, 1. und 2. Blatt; Nr. 235 vom 8. Okt. 1897, 1. und 2. Blatt; Nr. 236 vom 9. Okt. 1897, 1. und 2. Blatt; Nr. 237 vom 10. Okt. 1897, 3. Blatt.
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: am 4. Oktober zweistündig von fünf bis sieben Uhr abends, an allen weiteren Tagen jeweils von sechs bis sieben Uhr. Am 7. Oktober schloß sich noch eine Diskussion von acht bis zehn Uhr abends an.Ursprünglich war als Titel „Agrarwesen“ geplant. Brief an Carl Johannes Fuchs vom 19. Juni 1897.
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Weber fuhr jeden Tag nachmittags um drei Uhr von Heidelberg nach Karlsruhe,Der „Stundenplan“ ergibt sich aus den Berichten der Badischen Landeszeitung. Siehe auch unten, S. 901, 903.
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wo er an den Nachmittagskursen teilnahm und dann seine Vorträge hielt. Im Anschluß daran kehrte er – mit Ausnahme des Diskussionsabends – jeweils sofort nach Heidelberg zurück. Weber, Marianne, Lebensbild1, S. 247.
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So berichtete Heinrich Herkner in einem Brief an Lujo Brentano vom 9. Oktober 1897, BA Koblenz, Nl. Lujo Brentano, Nr. 28.
Die Kurse waren gut besucht. Etwa 280 Teilnehmer fanden sich ein; die stärkste geschlossene Gruppe bildeten Pastoren, gefolgt von Professoren, Lehrern und Studenten sowie den Angehörigen verschiedener freier Berufe. Die Berufsgruppen Handel und Gewerbe waren hingegen schwach vertreten.
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Weber lehnte seine Vortragsreihe sehr stark an die von ihm im Februar und März 1896 im Freien Deutschen Hochstift gehaltenen Vorträge über „Agrarpolitik“ an.Lehmann, Ernst, Der Karlsruher sozialwissenschaftliche Kursus, in: Mitteilungen des Evangelisch-sozialen Kongresses, Nr. 8 von November–Dezember 1897, S. 5.
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Die Berichte über die Frankfurter Vorträge sind oben, S. 748–790, abgedruckt.
Manuskripte sind nicht überliefert. Dagegen können wir auf ausführliche Berichte der Badischen Landeszeitung über alle Vorträge Webers zurückgreifen. Die Badische Landeszeitung fügte ihrem Bericht über den ersten Vortrag Webers am Schluß die Bemerkung bei:
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„Auch diese Nachmit[828]tagsvorlesungen waren gut besucht. Namentlich hatte der Vortrag über ‚Agrarpolitik‘ zahlreiche Zuhörer herbeigelockt, unter denen sich auch, wie am Vormittag, eine ganze Reihe Vertreterinnen des schönen Geschlechtes befanden.“ Badische Landeszeitung, Nr. 233 vom 6. Okt. 1897, 1. Blatt, S. 3.
Im Anschluß an ihren Bericht über Webers dritten Vortrag erwähnte die Badische Landeszeitung, daß die Nachmittagsvorlesungen erneut gut besucht gewesen seien und daß dem letzten Teil der Vorlesungen, also jenen Webers, auch der badische Finanzminister Adolf Buchenberger beigewohnt habe.
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Buchenberger war auch bei dem vierten Vortrag Webers anwesend, wie die Badische Landeszeitung in ihrer darauffolgenden Nummer berichtete.[828] Ebd., Nr. 235 vom 8. Okt. 1897, 1. Blatt, S. 2.
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Ebd., Nr. 236 vom 9. Okt. 1897, 1. Blatt, S. 3.
Außer der Badischen Landeszeitung berichteten auch der General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung und die Heidelberger Zeitung mit jeweils nahezu gleichlautenden Artikeln über den sozialwissenschaftlichen Kursus.
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Dabei verwiesen sie auch auf Webers Vorträge, dessen „ebenso geistvolle als populäre Vortragsweise […] allseitige Bewunderung“ gefunden habe.General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 272 vom 5. Okt. 1897, S. 2, Nr. 274 vom 7. Okt. 1897, S. 2, Nr. 276 vom 9. Okt. 1897, S. 2; Heidelberger Zeitung, Nr. 233 vom 6. Okt. 1897, S. 2, Nr. 234 vom 7. Okt. 1897, S. 2f., Nr. 236 vom 9. Okt. 1897, 2. BI., S. 1, Nr. 237 vom 11. Okt. 1897, S. 1f.
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Zum Abdruck gelangen hier nur die Berichte der Heidelberger Zeitung und des General-Anzeigers der Stadt Mannheim über den letzten Vortrag, da nur diese auch auf die von Weber referierte Sache selbst eingehen. Beide Zeitungen beendigen ihren Bericht mit den Worten: „Major Kreßmann dankte diesen [den Veranstaltern des Kurses] und den Professoren, und Pfarrer Dr. Lehmann gedachte des Vaterlandes, dem wir dienen wollen.“General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 272 vom 5. Okt. 1897, S. 2; Heidelberger Zeitung, Nr. 233 vom 6. Okt. 1897, S. 2.
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General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 276 vom 9. Okt. 1897, S. 2; Heidelberger Zeitung, Nr. 237 vom 11. Okt. 1897, S. 2.
[829]Zur Überlieferung und Edition
Manuskripte sind nicht überliefert. Über die Vortragsabende sind uns die folgenden Presseberichte überliefert:
- Erster Vortragsabend (4. Oktober 1897): „Sozialwissenschaftlicher Kursus. Karlsruhe, 4. Okt“, Badische Landeszeitung, Nr. 233 vom 6. Oktober 1897, 1. Blatt, S. 2f.
- Zweiter Vortragsabend (5. Oktober 1897): „Sozialwissenschaftlicher Kursus. Karlsruhe, 5. Okt.“, Badische Landeszeitung, Nr. 234 vom 7. Oktober 1897, 1. Blatt, S. 3.
- Dritter Vortragsabend (6. Oktober 1897): „Sozialwissenschaftlicher Kursus. Karlsruhe, 6. Okt.“, Badische Landeszeitung, Nr. 235 vom 8. Oktober 1897, 1. Blatt, S. 2.
- Vierter Vortragsabend (7. Oktober 1897): „Sozialwissenschaftlicher Kursus. Karlsruhe, 7. Okt.“, Badische Landeszeitung, Nr. 236 vom 9. Oktober 1897, 1. Blatt, S. 2f.
- Fünfter Vortragsabend (8. Oktober 1897):
- „Sozialwissenschaftlicher Kursus. Karlsruhe, 8. Okt.“, Badische Landeszeitung, Nr. 237 vom 10. Oktober 1897, 3. Blatt, S. 1f.
- „Der sozialpolitische Kursus in Karlsruhe. Karlsruhe, 8. Okt.“, General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 276 vom 9. Oktober 1897, S. 2.
- „Der sozialwissenschaftliche Kursus in Karlsruhe. Karlsruhe, 8. Oktober“, Heidelberger Zeitung, Nr. 237 vom 11. Oktober 1897, S. 1f.
Webers Ausführungen werden nach diesen Berichten – A(1) (Badische Landeszeitung), A(2) (General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung), A(3) (Heidelberger Zeitung) – wiedergegeben. A(2) und A(3) sind weitgehend identisch. Aufgrund seiner besseren Textqualität wird A(3) abgedruckt, die Abweichungen von A(2) textkritisch annotiert. Die Abweichungen in der Orthographie (K/C: K ist in A(3) und C in A(2) die Regel) werden vernachlässigt.