MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Die Agrarverfassung in Deutschland. 1892
(in: MWG I/4, hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff)
Bände

[908][Die Agrarverfassung in Deutschland]

[Vortrag in der „Staatswissenschaftlichen Vereinigung“ zu Berlin im Frühjahr 1892]

Mitte Februar/Anfang März 1892 begann Max Weber mit der Auswertung der im Rahmen der Erhebung des Vereins für Socialpolitik über die Lage der Landarbeiter versandten Fragebögen.1[908] Vgl. Riesebrodt, S. 24. Bald darauf, vermutlich Ende April oder Anfang Mai 1892, referierte er über erste Ergebnisse seiner Untersuchungen in der „Staatswissenschaftlichen Vereinigung“ in Berlin. Diese Vereinigung war in den 1880er Jahren als Gesprächskreis von Nationalökonomen, Juristen und Historikern, vermutlich in Kooperation mit dem Berliner staatswissenschaftlichen Seminar, gegründet worden. Auch Webers agrarhistorischer Lehrer August Meitzen war Mitglied.2Fritz Redlich berichtet in seinen Erinnerungen über die „staatswissenschaftliche Vereinigung“. Redlich, Fritz, Der Unternehmer. Wirtschafts- und Sozialgeschichtliche Studien. – Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1964, S. 17f. Gustav Schmoller berichtet in einem Brief an Carl Geibel, den Schriftführer des Vereins für Socialpolitik, vom 7. Mai 1892: „Privatdozent Dr. Weber, der den Osten bearbeitet, hielt neulich in der staatswissenschaftlichen Vereinigung einen ganz ausgezeichneten Vortrag über seine Studien.“3ZStA Merseburg, Rep. 92, Nl. Gustav Schmoller, Nr. 124d. Ebenso wird in einem Brief Schmollers vom 31. Mai 1892 an den Nationalökonomen Carl Johannes Fuchs, in dem es um die Auswahl eines Referenten über die Ergebnisse der Enquete für die geplante Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik geht, auf den Vortrag Bezug genommen: „Und über die Enquête schien es uns doch, daß wir die ausgezeichneten Mitarbeiter nicht ganz ausschließen sollten, zumal der den Osten bearbeitende Dr. Weber neulich schon uns einen ganz hervorragenden Vortrag hielt. Er soll nun nach Knapp kurz über die Enquête sprechen“.4UB Tübingen, Nl. Carl Johannes Fuchs, Md 875:391. Referat und Diskussionsbeiträge Webers auf der Generalversammlung des Vereins für Socialpolitik am 20. und 21. März 1893 sind in diesem Band abgedruckt, S. 165–207. Manuskripte oder Berichte über den Vortrag Webers sind nicht überliefert.

Die „Staatswissenschaftliche Vereinigung“ ist weder mit der 1883 von Gustav Schmoller gegründeten renommierten „Staatswissenschaftlichen Gesellschaft“, noch mit der sog. „kleinen staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ zu verwechseln. Der ersteren gehörten ausschließlich hochrangige [909]Gelehrte und Beamte an, die letztere war ein Zirkel von fortgeschrittenen Studenten und jungen Wissenschaftlern.5[909] Siehe ausführlich unten, S. 914f. Weber wird in den Vortragslisten der angesehenen „Staatswissenschaftlichen Gesellschaft“ nicht als Referent aufgeführt. Ein Exemplar der Vortragsliste befindet sich im BA Koblenz, Nl. Hans Delbrück, Nr. 24, BI. 134–138.