MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Agrarpolitik.. Vortragsreihe am 15., 22. und 29. Februar, 7. und 14. März 1896 in Frankfurt am Main
(in: MWG I/4, hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff)
Bände

[743]Editorischer Bericht

Zur Entstehung

Im Februar und März 1896 hielt Max Weber im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main eine Vortragsreihe über Agrarpolitik. Das Hochstift, 1859 von dem Geologen und ehemaligen Demokraten der Revolution von 1848 Otto Volger begründet, hatte sich neben der Pflege des Goetheschen Erbes – das Institut wurde in Goethes Geburtshaus errichtet – die Förderung der Volksbildung zum Ziel gesetzt.1[743] Zur Geschichte des Hochstifts siehe: Adler, Fritz, Freies Deutsches Hochstift. Seine Geschichte, 1. Teil: 1859–1885. – Frankfurt a.Μ.: Johannes Weisbecker 1959, bes. S. 26f., sowie Rumpf, Hermann, Aus der Geschichte des freien Deutschen Hochstifts. – Frankfurt a.Μ.: Osterrieth o. J. Dementsprechend wurden in regelmäßigen Abständen öffentliche Lehrgänge über fachwissenschaftliche Themen abgehalten. Die von Weber durchgeführte Vortragsreihe über Agrarpolitik fand im Rahmen der Lehrgänge im Winterhalbjahr 1895/96 statt.2Freies Deutsches Hochstift zu Frankfurt a.Μ. Lehrgänge im Winter-Halbjahr 1895–96. – Frankfurt a.Μ.: Gebrüder Knauer o. J. [1895], S. 5–12. Diese als Broschüre erschienenen „Lehrgänge“ finden sich gesammelt in der Bibliothek des Freien Deutschen Hochstifts, Frankfurt a.Μ. Sie war der Sektion „Volkswirtschaftslehre“ zugeordnet. Daneben wurden Lehrgänge aus den Bereichen Geschichte, Philosophie, Literatur- bzw. Kunstgeschichte und Staatswissenschaften durchgeführt. Die Vorträge Webers wurden für den 15., 22. und 29. Februar sowie für den 7. und 14. März 1896 angesetzt.3Ebd., S. 5. Diese Termine stimmen mit den Ankündigungen im jeweiligen „Tagesanzeiger“ der Frankfurter Zeitung überein.4FZ, Nr. 46 vom 15. Febr. 1896, 3. Mo.BI., S. 1; FZ, Nr. 53 vom 22. Febr. 1896, 2. Mo.BI., S. 2; FZ, Nr. 60 vom 29. Febr. 1896, 2. Mo.BI., S. 2; FZ, Nr. 67 vom 7. März 1896, 2. Mo.BI., S. 2; FZ, Nr. 74 vom 14. März 1896, 3. Mo.BI., S. 1. Die Vorträge fanden jeweils Samstag abends von 19 bis 20 Uhr statt.5Freies Deutsches Hochstift Frankfurt a.Μ. Lehrgänge, S. 5. An den letzten Vortrag schloß sich eine Diskussion an, über die nur die Frankfurter Zeitung berich[744]tete.6[744] FZ, Nr. 75 vom 15. März 1896, 3. Mo.BI., S. 2. Diese Diskussion dauerte bis ein Uhr morgens, wie Max Weber seiner Frau schrieb; der Besuch des Vortrags sei, wie er hinzufügte, „verblüffend gut“ gewesen.7Brief an Marianne Weber vom 16. März 1896, Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Weber berichtete ferner, er habe in Frankfurt den Theologen Martin Rade und die Frau Friedrich Naumanns „kurz gesehen“ – ob anläßlich des Vortrags, geht aus dem Brief jedoch nicht hervor. Manuskripte der Vortragsreihe sind nicht überliefert. Erhalten sind ein von Weber verfaßtes und im Rahmen des Lehrplans des Hochstifts gedrucktes stichwortartiges Exposé8Oben, S. 599–601. sowie ausführliche Zeitungsberichte. Es berichteten das Frankfurter Journal und der Frankfurter Volksbote über alle fünf, die Frankfurter Zeitung über den ersten und letzten Vortrag. Friedrich Naumann zog am 8. März 1896 in der „Hilfe“ eine Zwischenbilanz über die ersten drei Abende.9Die Aufstellung der Berichte mit den entsprechenden bibliographischen Nachweisen im zweiten Teil des Editorischen Berichts. Da Naumanns Artikel am 8. März 1896 erschien, kann er die beiden von Weber am 7. März im Hochstift und im Christlich-sozialen Verein gehaltenen Vorträge nicht berücksichtigt haben.

Das Frankfurter Journal vermerkte am Schluß des Berichts über den ersten Vortrag:10Frankfurter Journal, Nr. 80 vom 17. Febr. 1896, Ab.BI., S. 2. „In Vorträgen, die politische Gegenstände behandeln, sind Meinungsunterschiede leicht gegeben; wir gedenken jedoch, die agrarpolitischen Vorträge, ohne zu kritisieren, dem Leser sine ira et studio zu referieren. Prof. Max Weber erntete reichen Beifall.“ Die Frankfurter Zeitung schloß ihren Bericht des ersten Vortrags mit der Bemerkung:11 FZ, Nr. 48 vom 17. Febr. 1896, Mo.BI., S. 2. „ Die bekannte geistreiche Konsequenz und Pointirungskraft des Herrn Vortragenden, welche sonst bei historischen Problemen leicht gefährlich werden kann, war bei der Kürze der Zeit diesmal sehr angebracht, und man darf mit Genuß den weiteren Vorlesungen entgegensehen, die sich nun mit den modernen Agrarproblemen befassen werden.“

Das Frankfurter Journal fügte am Schluß seines Berichtes über den zweiten Vortrag hinzu:12 Frankfurter Journal, Nr. 92 vom 24. Febr. 1896, Ab.BI., S. 1. „Die Hörerschaft dankte beifallsfreudig.“

Am Ende des Berichts über den dritten Vortrag heißt es im Frankfurter Journal:13 Frankfurter Journal, Nr. 105 vom 3. März 1896, Mo.BI., S. 1. „Das Publikum dankte beifallsfreudig.“

Der abschließende Bericht des Frankfurter Journals (über den fünften Vortrag Webers) endete mit den Worten:14 Frankfurter Journal, Nr. 128 vom 16. März 1896, Ab.BI., S. 1. „Der Vortragende hat in den fünf Vorlesungen über den so wichtigen Gegenstand eine Fülle anregender Gedanken gebracht. Wenn die Anzahl der Zuhörer durch die Beschaffenheit [745]des Stoffes naturgemäß eine beschränktere war, so kann der Vortragende doch mit dem entgegengebrachten Interesse zufrieden sein. – Mit dem heutigen Vortrag schloß der letzte Lehrgang dieses Winters. Eine arbeitsreiche Zeit liegt hinter uns, und hat das Hochstift in diesem Semester wieder wirklich nur Bedeutendes geboten.“ Die Frankfurter Zeitung fügte ihrem Bericht über den letzten Vortrag Webers folgende Bemerkung an:15[745] FZ, Nr. 75 vom 15. März 1896, 3. Mo BI., S. 2. „Die stets nur von den größten Gesichtspunkten geleiteten Ausführungen des Herrn Professor Weber fanden bei seiner Zuhörerschaft die warme Anerkennung, welche er bei seiner glänzenden Darstellungskunst und der Originalität und Klarheit seines Denkens in vollem Maße verdient hat.“

Friedrich Naumann stellte seinem Bericht folgende Einleitung voran:16Die Hilfe, Nr. 10 vom 8. März 1896, S. 1. „In dem freien deutschen Hochstift in Frankfurt a.Μ. hält in diesen Wochen Professor Dr. Max Weber Vorträge über die Agrarfrage. Hoffentlich dauert es nicht zu lange, bis die Agraruntersuchungen Webers einmal in einheitlicher Verarbeitung vorliegen. Was bis jetzt durch Einzelarbeiten und Vorträge an die Öffentlichkeit gedrungen ist, beansprucht das höchste Interesse. Immer geht Weber aus vom Standpunkt der deutschen Volkserhaltung. Deutsche Macht, deutsche Volksgesundheit sind seine Hauptgesichtspunkte. Man hat das Gefühl, nicht einem einseitigen Parteimanne gegenüberzustehen, sondern einem nationalen Denker, der sich nicht scheut, um seines Volkes willen die Wahrheit auch da zu sagen, wo sie bitter ist. Unsere Leser erinnern sich, daß wir seine Vorlesung über Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik in Nr. 28 des vorigen Jahrgangs besprochen haben. Heute greifen wir etliche Stellen aus seinen neuesten Vorträgen heraus, so wie sie sich unserem Gedächtnis eingeprägt haben:“ Der Bericht endete mit den Worten:17Ebd., S. 2. „Unsere Leser wissen, wie sehr diese Gedanken mit dem zusammentreffen, was die ,Hilfe‘ bei Gelegenheit der Besprechung des sozialdemokratischen Landprogrammes ausgeführt hat. Deutschlands Zukunft hängt mit seiner Bodenverteilung zusammen.“

Einen Auszug aus seiner Vortragsreihe im Hochstift gab Weber am 7. März 1896 im Christlich-sozialen Verein in Frankfurt a.Μ. Weber referierte hier unmittelbar im Anschluß an seinen Vortrag im Hochstift vom 7. März 1896. Die Berichte über diesen Vortrag sind S. 794–798 abgedruckt.

[746]Zur Überlieferung und Edition

Manuskripte sind nicht überliefert. Über die Vortragsabende sind uns die folgenden Presseberichte überliefert:

Erster Vortragsabend: „Agrargeschichte“ (15. Februar 1896):

  1. „,Agrarpolitik.‘ Vorlesungen im Hochstift von Professor Max Weber (Freiburg). I. Frankfurt a.Μ., 15. Februar“, Frankfurter Journal, Nr. 80 vom 17. Februar 1896, Ab. Bl., S. 1f.;
  2. „Freies deutsches Hochstift Frankfurt a.Μ.“, Frankfurter Volksbote. Beiblatt zur „Hilfe“. Organ für christliche Vereine für Frankfurt am Main und Umgebung, Nr. 8 vom 23. Februar 1896, S. 2f.;
  3. „Lehrgänge im Hochstift“, Frankfurter Zeitung, Nr. 48 vom 17. Februar 1896, Mo.Bl., S. 2.

Zweiter Vortragsabend: „Agrarverfassung“ (22. Februar 1896):

  1. „Agrarpolitik. Vorlesungen im Hochstift. II. Frankfurt a.Μ., 22. Febr.“, Frankfurter Journal, Nr. 92 vom 24. Februar 1896, Ab. Bl., S. 1;
  2. „Freies deutsches Hochstift Frankfurt a.Μ.“, Frankfurter Volksbote, Nr. 9 vom 1. März 1896, S. 1f.;

Dritter Vortragsabend: „Agrarkredit“ (29. Februar 1896):

  1. „,Agrarpolitik‘. Vorlesungen im Hochstift. III. Frankfurt a.Μ., 29. Febr.“ Frankfurter Journal, Nr. 105 vom 3. März 1896, Mo.Bl., S. 1;
  2. „Freies deutsches Hochstift Frankfurt a.Μ.“, Frankfurter Volksbote, Nr. 10 vom 8. März 1896, S. 2.

Vierter Vortragsabend: „Die Landarbeiter“ (7. März 1896)

  1. „,Agrarpolitik‘. Vorlesungen im Hochstift. IV. Frankfurt a.Μ., 6. [Korrekt: 7.] März“, Frankfurter Journal, Nr. 116 vom 9. März 1896, Ab. Bl., S. 1;
  2. „Freies deutsches Hochstift Frankfurt a.Μ.“, Frankfurter Volksbote, Nr. 11 vom 15. März 1896, S. 2.

Fünfter Vortragsabend: „Agrarschutz und positive Agrarpolitik“ (14. März 1896):

  1. „,Agrarpolitik‘. Vorlesungen im Hochstift. V. Frankfurt a.Μ., 14. März“, Frankfurter Journal, Nr. 128 vom 16. März 1896, Ab. Bl., S. 1;
  2. „Freies deutsches Hochstift“, Frankfurter Volksbote, Nr. 13 vom 29. März 1896, S. 2f.;
  3. „Vorlesungen über Agrarpolitik“, Frankfurter Zeitung, Nr. 75 vom 15. März 1896, 3. Mo.Bl., S. 2.

Bericht Friedrich Naumanns über die ersten drei Vortragsabende: „Wochenschau“, Die Hilfe. Gotteshilfe, Selbsthilfe, Staatshilfe, Bruderhilfe, hg. von Friedrich Naumann, Leipzig, Nr. 10 vom 8. März 1896, S. 1f.

[747]Webers Ausführungen werden nach diesen Berichten – A(1) (Frankfurter Journal), A(2) (Frankfurter Volksbote), A(3) (Frankfurter Zeitung), A(4) (Die Hilfe) – wiedergegeben. Auf offenkundige Widersprüche in der Berichterstattung (z. B. unten, S. 777 und S. 779) wird nicht eigens verwiesen.

Neben diesen Zeitungsberichten befindet sich in dem gedruckten Lehrplan des Hochstifts ein Exposé der Vorlesungen Webers, in dem die Vorträge jeweils stichwortartig zusammengefaßt sind. Obwohl der Text nicht von Weber gezeichnet ist, ist er zweifelsfrei von ihm verfaßt und daher in Teil I dieses Bandes, S. 599–601, abgedruckt.