MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Der Gang der wirthschaftlichen Entwicklung.. Vortragsreihe am 19. und 26. November, 3. und 10. Dezember 1897 in Mannheim
(in: MWG I/4, hg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Rita Aldenhoff)
Bände

[842]Editorischer Bericht

Zur Entstehung

Im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Errichtung einer Handelshochschule regten in Mannheim der Kaufmännische Verein, die Handelskammer und der Börsenvorstand im Winter 1897/98 volkswirtschaftliche Vorlesungszyklen an.1[842] Sitzungsprotokoll der Handelskammer für den Kreis Mannheim, Stadtarchiv Mannheim, Depositum Industrie- und Handelskammer, Zugang 1/1966, Nr. 78, S. 69f. und S. 105f. Siehe auch: Jahresbericht der Handelskammer für den Kreis Mannheim für das Jahr 1897, 1. Teil. – Mannheim: Verlag der Handelskammer für den Kreis Mannheim 1897, S. 152f. Die Mannheimer Handelshochschule wurde erst 1907 gegründet. Vgl. Hayashima, Akira, Max Weber und die deutschen Handelshochschulen, in: Kwansei Gakuin University Annual Studies, Band 35, 1986, S. 143–176. Als Zielgruppe waren vor allem kaufmännische Kreise ins Auge gefaßt.2Sitzungsprotokoll, S. 69. Der Kaufmännische Verein gewann als Referenten Max Weber und den Freiburger Nationalökonomen Gerhart von Schulze-Gaevernitz. Schulze-Gaevernitz plante für Januar 1898 einen fünfstündigen Cyklus über „Handelspolitik“, während Weber eine vierstündige „Einleitung in die Volkswirthschaftslehre“ geben wollte.3Ebd., S. 106. Aus welchem Grund Max Weber dann sein Thema änderte und statt dessen einen Überblick über die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart gab, ist nicht bekannt. Die beiden Vorlesungsreihen von Max Weber und Gerhart von Schulze-Gaevernitz fanden sehr großen Anklang. Insgesamt wurden 1500 Einlaßkarten verkauft.4Jahresbericht der Handelskammer Mannheim 1897, S. 152f.

Manuskripte über die Vortragsreihe Webers sind nicht überliefert. Dagegen liegen uns Berichte des General-Anzeigers der Stadt Mannheim und Umgebung vor. Der Bericht über den letzten, am 10. Dezember 1897 gehaltenen Vortrag Webers wurde von der Karlsruher Zeitung und der Badischen Landeszeitung auszugsweise nachgedruckt.5Siehe die Aufstellung der Berichte, unten, S. 844f.

[843]Webers Vortragsreihe wurde am 17. November 1897 im Mannheimer General-Anzeiger mit den Worten angekündigt: „Akademische Vorträge, 1. Cyklus, Der Gang der wirtschaftlichen Entwicklung, Herr Universitäts-Professor Max Weber, Heidelberg“.6[843] General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 315 vom 17. Nov. 1897, S. 6. Der General-Anzeiger stellte seinem Bericht über den ersten Vortrag folgende Bemerkung voran:7Ebd., Nr. 318 vom 20. Nov. 1897, S. 3. „Ein glücklicher Gedanke ist die Veranstaltung eines Cyklus von akademischen Vorträgen gewesen. Wer daran noch Zweifel hegen konnte, der ist durch den überaus zahlreichen Besuch des gestern Abend stattgefundenen ersten Vortrages sicherlich dahin aufgeklärt worden, daß er sich in einem großen Irrthum befand. Nur Freude konnte es erregen, zu sehen, daß Hunderte von Wissensdurstigen, Jung und Alt, nach dem Stadtparksaal strömten, um die ihnen unter so überaus günstigen Bedingungen gebotene Gelegenheit, ihre Kenntnisse zu bereichern, zu benutzen. Herr Professor Max Weber von Heidelberg sprach in seinem gestrigen Vortrag über die Entstehung des Privateigentums und der agrarischen Grundlage der europäischen Wirthschaft. Die Ausführungen des berühmten Universitätsprofessors waren in ein populäres, leicht faßliches Gewand gekleidet, und dadurch für Jedermann gut verständlich, so daß sie die erste Bedingung einer fruchtbringenden Wirkung erfüllten.“ Der General-Anzeiger schloß seinen Artikel über den ersten Vortrag mit den Worten:8Ebd. „Hiermit brach Herr Weber seinen Vortrag ab. Am nächsten Freitag wird er in Fortsetzung seiner gestrigen Ausführungen über ,Feudalismus und Städtewirthschaft im Mittelalter‘ sprechen. Rauschender Beifall wurde dem tüchtigen Gelehrten zu Theil.“

Die Karlsruher Zeitung stellte ihrem Bericht über den vierten Vortrag folgende Bemerkung voran:9Karlsruher Zeitung, Nr. 528 vom 15. Dez. 1897, S. 2. „Der erste Cyklus der akademischen Vorträge, welche in diesem Winter auf Veranlassung des Stadtraths, der Handelskammer, des Börsenvorstandes und des Kaufmännischen Vereins hier stattfinden, hat am Freitag Abend sein Ende erreicht. Redner war im ersten Cyklus Herr Universitätsprofessor Dr. Max Weber von Heidelberg, welcher in vier Vorträgen ein Bild der wirthschaftlichen Entwicklung bis auf den heutigen Tag entwarf und interessante Ausblicke gab auf die wahrscheinliche wirthschaftliche Gestaltung der Zukunft. Hierbei streifte Herr Dr. Weber indirekt die Flottenvorlage.“

Die Badische Landeszeitung verwies in der Vorbemerkung zu ihrem Bericht über Webers vierten Vortrag10Badische Landeszeitung, Nr. 294 vom 16. Dez. 1897, 2. Blatt, S. 1. ebenfalls auf die Flottenvorlage, die [844]am 30. November 1897 im Reichstag eingebracht worden war11[844] Zu Webers Haltung zur Flottenvorlage siehe seine Stellungnahme oben, S. 671–673. : „Universitätsprofessor Dr. Max Weber hat hier eine Reihe von Vorträgen gehalten, die er mit einem Vortrag über ,Die geschichtliche Stellung des modernen Kapitalismus‘ schloß. In diesem letzten Vortrag gab der Redner u. a. folgende, gerade jetzt zur Zeit der Beratung der Flottenvorlage interessante Ausführungen.“ Es folgen die unten abgedruckten Passagen.

In Übereinstimmung mit den Zeitungsberichten gibt auch die Handelskammer Mannheim in ihrem Jahresbericht für 1897 als Titel der gesamten Vorlesungsreihe Webers „Gang der wirthschaftlichen Entwicklung“ sowie folgende Unterteilung an: „1. Abend: ,Die Entstehung des Privateigenthums und die agrarische Grundlage der europäischen Wirthschaft‘. 2. Abend: ,Feudalismus und Städtewirthschaft im Mittelalter‘. 3. Abend: ,Die Entwickelung der Volkswirthschaft und das Merkantilsystem‘. 4. Abend: ,Die geschichtliche Stellung des modernen Kapitalismus‘.“12Jahresbericht der Handelskammer Mannheim 1897, S. 153.

Zur Überlieferung und Edition

Manuskripte sind nicht überliefert. Über die Vortragsabende sind uns die folgenden Presseberichte überliefert:

  • Erster Vortragsabend: „Die Entstehung des Privateigenthums und die agrarische Grundlage der europäischen Wirthschaft“ (19. November 1897):
    „Erster akademischer Vortrag“, General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 318 vom 20. November 1897, S. 3.
  • Zweiter Vortragsabend: „Feudalismus und Städtewirthschaft im Mittelalter“ (26. November 1897):
    „Feudalismus und Städtewirthschaft im Mittelalter“, General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 325 vom 27. November 1897, S. 3.
  • Dritter Vortragsabend: „Die Entwickelung der Volkswirthschaft und das Merkantilsystem“ (3. Dezember 1897):
    „Die Entwickelung der Volkswirthschaft und das Merkantilsystem“, General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 334 vom 6. Dezember 1897, S. 3.
  • [845]Vierter Vortragsabend: „Die geschichtliche Stellung des modernen Kapitalismus“ (10. Dezember 1897):
    1. „Die geschichtliche Stellung des modernen Kapitalismus“, General-Anzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung, Nr. 340 vom 12. Dezember 1897, S. 2.
    2. „Mannheim, 12. Dez.“, Karlsruher Zeitung, Nr. 528 vom 15. Dezember 1897, S. 2.
    3. „Mannheim, 13. Dez.“, Badische Landeszeitung, Nr. 294 vom 16. Dezember 1897, 2. Bl., S. 1.

Webers Ausführungen – A(1) – werden nach den Berichten des General-Anzeigers der Stadt Mannheim und Umgebung wiedergegeben. Die auszugsweisen Nachdrucke in der Karlsruher Zeitung und der Badischen Landeszeitung werden vernachlässigt.