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MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

[150]Editorischer Bericht

Zur Entstehung

Der nachfolgend edierte Text gehört zu den Kerntexten der „Herrschaftssoziologie“. Max Weber entwirft hier erstmals in seinem Werk systematische und strukturelle Kriterien zur soziologischen Analyse moderner Bürokratien.
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[150] Zum Stand der zeitgenössischen Bürokratismus-Forschung und den werkbiographischen Hintergründen vgl. die Einleitung, oben, S. 30–32 und 52 f.
Dabei steht das kontinental-europäische Beamtentum im Mittelpunkt seiner typologischen Bestimmung. In einem ersten Teil (S. 157–208) charakterisiert Max Weber in drei numerisch untergliederten Abschnitten die „spezifische Funktionsweise des modernen Beamtentums“,
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Vgl. unten, S. 157.
die Stellung des Berufsbeamten sowie die spezifischen ökonomischen und sozialen Voraussetzungen für die Entstehung des modernen Beamtentums. Eine Analyse des generellen Verhältnisses von Bürokratie und Herrschaft (S. 208–210) leitet zum zweiten Teil der Ausführungen (S. 211–234) über. Dieser befaßt sich mit dem Bestand und den Folgewirkungen von entwickelten, im Dienste eines Herrschers bzw. Staates stehenden bürokratischen Apparaten. Die wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen der Bürokratisierung illustriert Max Weber speziell für die Bereiche des modernen Kapitalismus, der modernen Demokratie und – auszugsweise – für die Erziehung. Abschließend leitet er zu den Darlegungen der vor- bzw. nicht-bürokratischen Herrschaftsformen über.
Der vorliegende Text weist einige Besonderheiten auf: Er beginnt unvermittelt, es fehlt ihm eine eigentliche Einführung bzw. eine Anbindung an die herrschaftssoziologische Thematik. Der erste Teil (bis S. 208 oben) ist durch eine große Stringenz in Stil und Aufbau geprägt. Die Sätze sind zumeist kurz und telegrammstilartig, teilweise sogar durch die numerische Gliederung durchbrochen. Dem zweiten Teil des Textes fehlt diese formale Stringenz, dafür schließt er aber thematisch ein beabsichtigtes Kapitel zur bürokratischen Herrschaft ab. Trotz dieser Unstimmigkeiten weist der „Bürokratismus“-Text eindeutig Merkmale einer weitgehenden Überarbeitung und Vorbereitung zur Drucklegung auf. Beide Textteile, die vermut[151]lich zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sind, sind durch textinterne Verweise miteinander verbunden, wobei diese Verbindung hauptsächlich vom zweiten Teil aus hergestellt wird.
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[151] Vgl. die Verweise im zweiten Textteil, unten, S. 213 mit Anm. 9, S. 226 mit Anm. 40, S. 232 mit Anm. 53, S. 233 mit Anm. 55 und 56. Ein einziger Hinweis im ersten Teil (vgl. unten, S. 161 mit Anm. 7) ließe sich im zweiten auflösen, legt aber durch die Formulierung „an anderer Stelle“ eine Auflösung außerhalb des Textes nahe. Daraus ergibt sich, daß der erste Teil wahrscheinlich vor dem zweiten geschrieben worden ist.
Der gesamte Text ist – im Gegensatz zu den anderen überlieferten Herrschaftstexten – durchgängig mit Petitdruckpassagen versehen, was als Indiz für eine direkte Druckvorbereitung zu werten ist.
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Vgl. unten, S. 159 f., 171–173, 175 f., 177–182, 185, 188–194, 198–200, 200 f., 204-206, 207 f., 221–228 und 232 f. Zur Verwendung des Petitdrucks bei Max Weber vgl. Zur Edition dieses Bandes, oben, S. 93 f.
Bei den betreffenden Passagen handelt es sich zumeist um historische Exkurse, die durch den Petitsatz platzsparend und nachgeordnet in den fortlaufenden Text hineingestellt sind. Davon könnte ein Teil aus älteren Bearbeitungsphasen stammen,
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Vgl. dazu das überlieferte Originalmanuskript zu Weber, Recht § 2, S. 75 f. (WuG1, S. 454 f.), wo eine ältere Typoskriptfassung (Auseinandersetzung mit sozialistischen Rechtsvorstellungen) als Petitdruckpassage in die jüngere maschinenschriftliche Fassung integriert worden ist.
was auch die textinterne Verweisstruktur nahelegt.
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Früh entstandene Texte aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ sind zumeist über Petitdruckpassagen mit dem „Bürokratismus“-Text verbunden, so z. B. der Text „Machtprestige und Nationalgefühl“ oder die früheste Textschicht im Originalmanuskript zur „Rechtssoziologie“, vgl. dazu unten, S. 153, Anm. 23 und S. 154, Anm. 25.
Man darf daher beim vorliegenden Text von mindestens einer, vermutlich aber mehreren Bearbeitungsschichten ausgehen, wie ein Blick auf die textimmanenten Datierungshinweise zusätzlich zeigen wird.
Der Text selbst enthält eine Reihe von – zumeist indirekten – Anhaltspunkten zur Datierung. Die von Max Weber explizit genannte Literatur (es handelt sich um die Werke von Richard Schmidt, Albrecht Mendelssohn Bartholdy und Anatole Leroy-Beaulieu)
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Das Buch von Richard Schmidt erschien zuerst 1898, dann nochmals in überarbeiteter Ausgabe 1908; die Studie von Albrecht Mendelssohn Bartholdy lag 1908 und der entsprechende Band von Anatole Leroy-Beaulieu bereits 1887 vor. Vgl. dazu unten, S. 188, Anm. 58, S. 189, Anm. 61, sowie S. 218, Anm. 21.
weist nicht über das Jahr 1908 hinaus. Auch eine indirekte Anspielung Max Webers, die sich durch eine Äußerung von Robert Michels belegen läßt, überschreitet diesen zeitlichen Horizont nicht.
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Sie findet sich im Rahmen einer Buchbesprechung von Robert Michels, die im April 1909 publiziert wurde, vgl. unten, S. 213, Anm. 10.
Alle diese Angaben sind als termini post quem für die Niederschrift des Textes zu werten. Dies gilt auch für folgende historische Ereignisse, auf die Max Weber im Text anspielt, wie die 1908 gegrün[152]dete badische Karlisten-Bewegung,
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[152] Vgl. unten, S. 168, Anm. 21.
die Daily Telegraph-Affäre von 1908
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Vgl. unten, S. 219, Anm. 23, aber auch S. 217, Anm. 18.
und den 1909 gegründeten Hansa-Bund.
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Vgl. unten, S. 211, Anm. 6.
Für eine frühe Niederschrift einer ersten (Teil-)Fassung des „Bürokratismus“-Textes spricht die Bedeutung, die das Thema Bürokratisierung 1909 für Max Weber gehabt hat,
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Vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 52 f.
aber auch ein Hinweis auf die Behandlung der „bureaukratischen Organisation“, der sich im Originalmanuskript zu Recht § 1 in der frühesten Textschicht befindet.
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Der Verweis betrifft die Gewaltenteilung und lautet in der ursprünglichen, maschinenschriftlichen Fassung: „Sie ist im antik römischen Intercessionsrecht der par majorve potestas[,] im ständischen politischen Gebilde und in der bureaukratischen Organisation von absolut verschiedener Struktur, wie später zu erörtern sein wird.“ Weber, Recht § 1, S. 8. Der Verweis auf die „bureaukratische Organisation“ wurde in der handschriftlichen Überarbeitung wieder gestrichen (vgl. dazu auch WuG1, S. 393).
Für eine spätere Abfassung bzw. Bearbeitung des Textes gibt es eine Reihe von Hinweisen, die sich auf Ereignisse des Jahres 1912 beziehen, so daß die entsprechenden Passagen frühestens 1912 niedergeschrieben sein können. Dies gilt für die Erwähnung der von den preußischen Kirchenbehörden angedrohten Disziplinarmaßnahmen, die weitere öffentliche Proteste wegen der Dienstentlassung des Dortmunder Pfarrers Gottfried Traub im Sommer 1912 unterbinden sollten,
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Vgl. unten, S. 215 mit Anm. 12.
sowie für die Anspielung auf islamische Rechtsverhältnisse in Tunis, die noch „ein Menschenalter nach der französischen Okkupation“ die Ausbreitung des Kapitalismus behindert hätten.
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Vgl. unten, S. 194; sowie die Parallelerwähnung in Weber, Recht § 5, Allonge zu S. 6 (WuG1, S. 476), wobei es sich hier um eine handschriftliche Ergänzung zum Typoskript handelt.
Max Webers Informationen zur tunesischen Rechtsprechung basieren wohl auf einem 1912 erschienenen Aufsatz.
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Vgl. unten, S. 194, Anm. 75.
Die bereits erwähnte „Gelenkstelle“ mit ihren prinzipiellen Ausführungen zu Bürokratie und Herrschaft stellt durch die Verwendung der spezifisch soziologischen Kategorien einen Bezug zum 1913 erschienenen Kategorienaufsatz her.
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Vgl. unten, S. 208–210, insbes. S. 208, sowie die Ausführungen der Einleitung, oben, S. 67.
Insgesamt enthält der Text „Bürokratismus“ keine eindeutigen Hinweise, die den zeitlichen Horizont der Jahre 1912/13 überschreiten.
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An zwei Stellen verweist Weber auf eine anderweitige Behandlung des Themas der berufsständischen Interessenvertretungen (vgl. unten, S. 214 mit Anm. 11, und S. 228 mit Anm. 45), die er selber erst im Zuge seiner politischen Aufsätze während des Ersten Weltkrieges vorgenommen hat. Da die parlamentarischen Vertretungen aber bereits im [153]Zuge der Wahlrechtsdebatten 1911/12 ein wichtiges Thema waren, läßt sich dadurch kein definitiver Hinweis auf eine spätere Abfassung der entsprechenden Textpassagen ableiten. Dies gilt auch für die Anspielung auf das Reformwerk von Papst Pius X. (vgl. unten, S. 205 mit Anm. 94), das erst durch die Veröffentlichung des „Codex iuris canonici“ zu Pfingsten 1917 zu einem offiziellen Abschluß kam, aber vor dem Ersten Weltkrieg in wesentlichen Zügen bekannt war.
Die Erwähnung des „November 1918“ im über[153]lieferten Text der Erstausgabe hielt der textkritischen Prüfung nicht stand,
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WuG1, S. 673; vgl. dazu unten, S. 219, textkritische Anm. a.
da sich Max Weber an dieser Stelle nicht auf die revolutionären Ereignisse des Jahres 1918, sondern zweifelsohne auf die innenpolitische Krise vom November 1908 bezogen hat. Das späte Datum entfällt daher als Eckpunkt zur Datierung des Textes.
Die Einbindung des „Bürokratismus“-Textes in den Gesamtbeitrag „Wirtschaft und Gesellschaft“, die eventuell angezweifelt werden könnte, da ein entsprechendes Kapitel in den beiden überlieferten Plänen zum „Handbuch der politischen Ökonomie“
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Vgl. den Stoffverteilungsplan für das „Handbuch der politischen Ökonomie“ vom Mai 1910, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446; abgedruckt in: Winckelmann, Webers hinterlassenes Hauptwerk (wie oben, S. 93. Anm. 8), S. 150–155, zu „Wirtschaft und Gesellschaft“, S. 151.
bzw. zum „Grundriß der Sozialökonomik“
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Vgl. GdS1, Abt. I, 1914, S. X–XIII, hier: S. XI (MWG I/22-6). [[MWG I/24, S. 168–173, hier: S. 168 f.]]
nicht erwähnt wird, läßt sich durch die Verweisstruktur, die ihn mit anderen Bereichen von „Wirtschaft und Gesellschaft“ verbindet, widerlegen. Direkte Verbindungen gibt es zu den früh entstandenen Texten von „Wirtschaft und Gesellschaft“, wie „Hausgemeinschaften“
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Von „Hausgemeinschaften“, MWG I/22-1, S. 151 f. mit Anm. 68, die Trennung von Amt und Privatleben betreffend, zum Text „Bürokratismus“, unten, S. 158 f.
und „Machtprestige und Nationalgefühl“.
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Bei einem Verweis in „Machtprestige und Nationalgefühl“, MWG I/22-1, S. 234 mit Anm. 25, Steuerpächter in Eroberungsgebieten betreffend, sind mehrere Auflösungen möglich, u. a. im Text „Bürokratismus“, unten, S. 171–173. Umgekehrt hat ein Rückverweis im „Bürokratismus“-Text, unten, S. 185 mit Anm. 55, eindeutig eine Entsprechung im Text „Machtprestige und Nationalgefühl“, MWG I/22-1, S. 226–231.
Unsicher ist hingegen ein Hinweis in der „Stadt“-Studie.
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Die Formulierung „die uns bekannten Umstände“ der Unabkömmlichkeit von Erwerbenden kann als Verweis gelesen werden und hätte dann u. a. eine Auflösung unten, S. 198. Vgl. Weber, Die Stadt, MWG I/22-5, S. 230, mit Anm. 108.
Komplexer ist die verweisgestützte Verbindung zwischen der „Rechtssoziologie“ und dem „Bürokratismus“-Text, speziell einer in ihm enthaltenen Petitdruckpassage, die nicht-formale Tendenzen in der Rechtsfindung und Rechtsprechung beschreibt.
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Verweise aus Weber, Recht § 4, S. 9 (WuG1, S. 466), ders., Recht § 5, S. 1 (WuG1, S. 467) und ders., Recht § 8, WuG1, S. 508 (MWG I/22-3), lassen sich im Rechtsexkurs, unten, S. 188–194, auflösen. Umgekehrt läßt sich ein Verweis aus dem Rechtsexkurs, unten, S. 190 mit Anm. 63, auch in Weber, Recht § 5, S. 3 (WuG1, S. 469 f.), auflösen.
Die Verweisfor[154]mulierungen im sog. Rechtsexkurs
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[154] Vgl. unten, S. 189 mit Anm. 60, S. 190 mit Anm. 63 und S. 194, Anm. 76.
erwecken den Eindruck, daß dieser selber nicht in die „Herrschaftssoziologie“ gehört bzw. nicht in deren Kontext entstanden ist. Nicht ganz auszuschließen ist, daß es sich bei dem Exkurs eventuell um eine ältere Passage aus dem Textbestand der „Rechtssoziologie“ handelt. Insgesamt bestätigt die Verweisstruktur jedoch, daß der „Bürokratismus“-Text von Anfang an bis zu den späten Überarbeitungen ein integraler Bestandteil der älteren Fassung von „Wirtschaft und Gesellschaft“ gewesen ist.
In der Komposition der „Herrschaftssoziologie“ nimmt der „Bürokratismus“-Text – wie in der „Einleitung“ ausführlich dargelegt
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Vgl. die Einleitung, oben, S. 71–73.
– eine zentrale Stellung ein, weil alle vor- bzw. nicht-rationalen Herrschaftsformen mit Hilfe der in diesem Text vorgenommenen idealtypischen Bestimmung der rational-bürokratischen Herrschaftsstruktur vergleichend erfaßt werden. Dieses Verfahren wird in den Überleitungen am Ende des „Bürokratismus“-Textes erläutert
28
Vgl. unten, S. 233 mit Anm. 57 und S. 234 mit Anm. 59.
und durch die Verweisstruktur zu den Texten „Patrimonialismus“,
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Im Text „Patrimonialismus“, unten, S. 252 mit Anm. 13, findet sich ein Verweis zu der „Eigenart“ von Honoratioren, der sich u. a. im „Bürokratismus“-Text, unten, S. 177, 207 oder 224–229, auflösen läßt. Umgekehrt finden zwei Verweise aus dem „Bürokratismus“-Text, unten, S. 160 mit Anm. 4, und unten, S. 183 mit Anm. 51, im Text „Patrimonialismus“ eine Bezugsstelle.
„Feudalismus“
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Vom Text „Feudalismus“ haben zwei Verweise (unten, S. 416 mit Anm. 96, S. 417 mit Anm. 98) eine eindeutige Entsprechung im „Bürokratismus“-Text, unten, S. 221–226, und S. 229–233, während drei andere Verweise (unten, S. 402 mit Anm. 68, S. 417 mit Anm. 97 und S. 451 f. mit Anm. 72) mehrere Auflösungen zulassen und sich daher nicht ausschließlich auf den „Bürokratismus“-Text beziehen lassen.
und „Umbildung des Charisma“
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Mit dem Text „Umbildung des Charisma“ ist der „Bürokratismus“-Text durch einen wechselseitgen Verweis verbunden, unten, S. 234 mit Anm. 58, und S. 481 mit Anm. 1. Ein Verweis aus dem Text „Umbildung des Charisma“ (unten, S. 531 mit Anm. 22) findet eine eindeutige Entsprechung (unten, S. 232 f.), während es sich bei einem weiteren Verweis (unten, S. 491 mit Anm. 17) um einen Pauschalverweis auf die nicht-charismatischen Herrschaftsgewalten handelt.
untermauert. Währenddessen gibt es zum Text „Charismatismus“ keine und zum Text „Staat und Hierokratie“ nur eine lockere Verbindung durch die textinterne Verweisstruktur.
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Im Text „Staat und Hierokratie“ findet sich ein Rückverweis auf die formalen Elemente der Rechtsfindung (unten, S. 634 mit Anm. 34), der sich u. a. im Rechtsexkurs, unten, S. 188–194, auflösen läßt.
Eine besondere Verknüpfung besteht jedoch zum einleitenden Text „Herrschaft“, der nicht nur durch die Verweise,
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Neben der eindeutigen Überleitung (oben, S. 149 mit Anm. 42) findet sich ein Verweis (oben, S. 142 mit Anm. 34) über die soziale Ehre von Honoratioren, der sich auch [155]unten, S. 226–228, auflösen ließe, obwohl die Verweisrichtung in diesem Fall nicht stimmt, da möglicherweise Ausführungen zu den Honoratioren in der älteren Fassung von „Wirtschaft und Gesellschaft“ fehlen, vgl. dazu die Bemerkungen, oben, S. 122. Umgekehrt dürfte sich der Verweis „wie einleitend bemerkt“ (unten, S. 226 mit Anm. 39) auf den Text „Herrschaft“ beziehen. Vgl. dazu auch den Editorischen Bericht zum Text „Herrschaft“, oben, S. 122 mit Anm. 39.
[155]sondern auch thematisch mit dem zweiten Teil des „Bürokratismus“-Textes eng verflochten ist.
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Zur Überlegenheit von rational geordnetem und planvoll geleitetem Gesellschaftshandeln gegenüber unorganisiertem Massen- und Gemeinschaftshandeln sowie zur Herrschaftssicherung durch Geheimhaltungsstrategien vgl. den Text „Herrschaft“, oben, S. 145 f., sowie die entsprechenden Passagen, unten, S. 228 und 215–217.
Die Verweisstruktur bestätigt, daß es eine frühe Fassung des Textes „Bürokratismus“ gegeben haben muß, weitere Überarbeitungen sowie konkrete Vorbereitungen zur Drucklegung erfolgten womöglich 1912/13. Darüber hinaus gibt es keine zuverlässigen späteren Datierungshinweise.

Zur Überlieferung und Edition

Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Edition liegt der Abdruck zugrunde, der erstmals in der postumen Ausgabe von Marianne Weber und Melchior Palyi als Kapitel VI. des Dritten Teils unter dem Titel „Bürokratie“, in: Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft (Grundriß der Sozialökonomik, Abt. III, 4. Lieferung). – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 650–678, erschienen ist (A).
In der ersten Mitteilung über die vorgefundenen Manuskripte ihres verstorbenen Mannes erwähnte Marianne Weber am 30. Juni 1920 u. a. die Ausführungen über den „Bürokratismus“.
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Brief von Marianne Weber an Paul Siebeck vom 30. Juni 1920, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446.
In der Inhaltsübersicht, die sie der Manuskriptsendung vom 25. März 1921 an den Verlag beilegte, findet sich an Stelle 18, nach dem Kapitel „Staat und Hierokratie“, der Hinweis auf das Kapitel „Bürokratie“. Dies wurde jedoch wieder gestrichen und unter dem Titel „Bürokratismus“ nach oben geschoben, als Kapitel 13, und direkt hinter das Kapitel „Legitimität“ eingeordnet.
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Weber, Marianne, Auflistung des Manuskriptbestands vom 25. März 1921, ebd.
Das Schwanken in der Positionierung und der Bezeichnung spricht dafür, daß es keinen autoreigenen Titel gab. Schließlich wurde der Text unter dem Titel „Bürokratie“ veröffentlicht, während im Gesamtinhaltsverzeichnis, das mit Abschluß der vierten Lieferung erstellt wurde, die französisierende Schreib[156]weise „Bureaukratie“ überliefert ist.
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[156] Inhaltsverzeichnis, in: WuG1, S. VII–X, hier: S. X.
Marianne Weber bat zwar in der Superrevision noch um Korrektur des Inhaltsverzeichnisses,
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Karte von Marianne Weber an Oskar Siebeck vonn 13. Sept. 1922, VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446.
die aber offensichtlich nicht mehr ausgeführt worden ist. Als Titel übernimmt die Edition die zuerst erfolgte Angabe Marianne Webers „Bürokratismus“, die aber wegen der genannten Vorbehalte in eckige Klammern gesetzt wird. Vermutlich zogen die Erstherausgeber für die Drucklegung den neutraleren Titel „Bürokratie“ vor, da der Ausdruck „Bürokratismus“ – wie oben ausgeführt
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Vgl. dazu die Einleitung, oben, S. 30–32.
– in der zeitgenössischen Debatte stark negativ besetzt und weniger als wissenschaftlicher Begriff zur Beschreibung bürokratischer Systeme geläufig war.
Offensichtliche Zusätze der Erstherausgeber, wie die beigefügte Inhalts- und Seitenübersicht
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Vgl. unten, S. 157 textkritische Anm. a.
sowie die erläuternden Anmerkungen,
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Vgl. unten, S. 161, textkritische Anm. e, S. 168, textkritische Anm. i.
werden von der Edition nicht übernommen, aber im textkritischen Apparat annotiert. Emendiert wurden – an einer Stelle – Unstimmigkeiten in der Art der numerischen Gliederung
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Vgl. unten, S. 169, textkritische Anm. k.
sowie Verschreibungen,
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So z. B. „Kontinentalring“ statt „Kontinentalreich“ (unten, S. 180, textkritische Anm. s); „Mjeschtschitelstwo“ statt „Mjestnitschestwo“ (unten, S. 204, textkritische Anm. r).
auch von Jahreszahlen, die vermutlich auf einem Lesefehler beruhten, wie „November 1918“ statt „November 1908“
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Vgl. unten, S. 219 mit textkritischer Anm. a.
oder „1065“ statt „1076“.
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Vgl. unten, S. 220 mit textkritischer Anm. b.
In diesen Fällen wurden die Emendationen zusätzlich begründet.