[275]Editorischer Bericht
Zur Entstehung
Die beiden nachstehenden Notizen stellen eine Sammlung historischen Materials zu Leitbegriffen der Herrschaftslehre dar und können als inhaltliche Vorklärung einer geplanten Ausarbeitung gelten. Der erste Teil behandelt die materiellen, ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen der Zugehörigkeit zum Kriegerstand sowie die Beziehung der Krieger zu einem Monarchen, während im zweiten Teil die Vergemeinschaftungen von Kriegern und deren Verhältnis zum Feudalherrn im Mittelpunkt stehen. Die Dichotomie von „Herrschaft“ und „Genossenschaft“
1
bildet die inhaltliche Verbindung beider Teile. [275] Gierke, Genossenschaftsrecht I.
Es finden sich keine konkreten Datierungshinweise innerhalb der beiden Notizen. Die Titel „Kriegerstände“ deuten darauf hin, daß Weber hier den von Hans Delbrück 1907 eingeführten Begriff des Kriegerstandes aufgegriffen hat.
2
Andererseits läßt die Verdoppelung des Titels innerhalb dieses kurzen Abschnittes vermuten, daß die beiden Teile in unterschiedlichen Arbeitsgängen entstanden sind und vielleicht ursprünglich überhaupt nicht zusammengehörten. Ihr Entstehungszusammenhang ist unbekannt. Delbrück, Hans, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, Dritter Teil: Mittelalter. – Berlin: Georg Stilke 1907, S. 3 f. und 243 f.
Ob die beiden Notizen überhaupt für „Wirtschaft und Gesellschaft“ bestimmt gewesen waren, ist nicht mehr zu sagen. In jedem Fall ist davon auszugehen, daß sie von Weber nicht in der uns überlieferten Form veröffentlicht worden wären, da ihre äußere Form für ein Handbuch ungeeignet ist. Warum die Erstherausgeber sich für eine Veröffentlichung innerhalb von „Wirtschaft und Gesellschaft“ entschieden und die Notizen an das Ende des Textes „,Klassen‘, ,Stände‘ und ,Parteien‘“ plaziert haben, ist nicht mehr zu ermitteln.
[276]Zur Überlieferung und Edition
Ein Manuskript ist nicht überliefert. Dem Druck wird die von Marianne Weber und Melchior Palyi veröffentlichte Fassung der „Kriegerstände“ zugrunde gelegt, die in dem Handbuch: Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III: Wirtschaft und Gesellschaft, 4. Lieferung. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 640–641, erschienen ist (A). Die formale und inhaltliche Sonderstellung der beiden Notizen innerhalb von „Wirtschaft und Gesellschaft“ legt nahe, sie nicht im Anschluß an einen bestimmten Abschnitt, sondern als Fragment in der Nähe der anderen Texte, die zwischen 1910 und 1912 entstanden sind, zu edieren.
Die beiden Titel „Kriegerstände“ dürften von Weber autorisiert sein. Dafür spricht, daß die Erstherausgeber im Falle eines fehlenden Titels den kurzen Text wohl nicht durch die Inserierung eines zweiten Titels, der darüber hinaus noch mit dem ersten identisch ist, gleichsam auseinandergerissen hätten. Die Emendationen stützen sich teilweise auf die kritischen Hinweise von Otto Hintze zur zweiten Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft“,
3
die 1925 erschienen ist, sowie auf Johannes Winckelmann (Hg.), Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1985, S. 181 f. [276] Vgl. Hintze, Otto, Max Webers Soziologie, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche, 50. Jg., 1926, S. 83–95, hier: S. 87 f.