[277][A 640]Kriegerstände.a[277]a–a (bis S. 281: bei Fürstenkrönung.) Petitdruck in A.bIn A bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an: 1) Das folgende stellt offenbar den – unausgeführten – Entwurf zur Kasuistik einer Ständebildung dar. (Anm. d. Herausgeb.)
[277]a–a (bis S. 281: bei Fürstenkrönung.) Petitdruck in A.
In A bindet die Anmerkung der Erstherausgeber an: 1) Das folgende stellt offenbar den – unausgeführten – Entwurf zur Kasuistik einer Ständebildung dar. (Anm. d. Herausgeb.)
I. Charismatisch:
1. Die Gefolgschaftsleute. Aufgenommen regelmäßig durch besonderen Treuvertrag mit den Herren.
So die merowingische Trustis (die „antrustiones“
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, „qui in truste dominicaA: „antenationes“
d
est“ nach Lex Salica in der älteren Fassung),A: dominion
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durch Treuschwur mit der Waffe: die berittene militärische Gefolgschaft zum Schutz (daher der Name, der = adjutorium gedeutet wird, deutsch vermutlich „Degen“ genannt).[277] Das Volksrecht der salischen Franken (lex salica) ging in seiner älteren Fassung auf den merowingischen König Chlodwig (486–511) zurück. Die Vorschrift, nach der ein Mann, der einen Antrustionen, d. h. ein Mitglied der königlichen Gefolgschaft, getötet hatte, mit der Entrichtung des höchsten Wergeldsatzes (600 Goldschillinge) zu belasten sei, findet sich im Kapitel über die Tötung freier Personen. Vgl. Lex salica zum akademischen Gebrauch, hg. und erläutert von Heinrich Geffken. – Leipzig: Veit & Co. 1898, c. XLI, § 3, S. 41.
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Vielleicht Nachahmung der byzantinischen „Shole“ Die einzig nachweisbare Glossierung des latinisierten althochdeutschen Wortes „trustis“ (althochdeutsch „druht“) für „Gefolgschaft“ durch lateinisch „adiutorium“ findet sich im Ribuarischen Volksrecht, das in der Regierungszeit des merowingischen Königs Dagobert I. (629–639) für das Volk in der ehemaligen römischen Gemeinde Köln erlassen wurde. Vgl. Glossa in legem Ribuariam, hg. von K. Zeumer, in: Monumenta Germaniae Historica, Leges V. – Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1875–1889, S. 277.
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(s. u.). Der Ausdruck „Shole“ ist nicht belegt. Es könnte sich aber um die Scholien (lat.: „scholae palatine“, griech.: „tagmata“), d. h. Garderegimenter, handeln, die um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert von den römischen Kaisern Diokletian und Konstantin I. an den kaiserlichen Höfen eingerichtet wurden. Sie unterstanden einem „Magister officiorum“ und umfaßten ursprünglich etwa 500 Soldaten. In Byzanz verloren die Garderegimenter um die Mitte des 5. Jahrhunderts ihre militärische Funktion und wurden in persönliche Schutztruppen des Kaisers umgewandelt, die sich vornehmlich aus dem lokalen Adel von Konstantinopel rekrutierten.
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Der Bezug ist unklar; eine entsprechende Bezugsstelle ist innerhalb von WuG nicht nachzuweisen.
Privilegien:
- a) Dreifaches Wergelt. Ursprünglich waren freie Franken, Römer, Sklaven in den Trustis, später nur Freie; [278]
- b) gesonderter Rechtsgang (Lex Sal[ica] 106); 5[278] Das fränkische Volksrecht regelte die Beteiligung von Antrustionen an gerichtlichen Verfahren in sehr detaillierter Weise. Demnach oblagen solche Fälle dem Königsgericht, und es galten besondere Fristen zwischen der Aufforderung zum Prozeß und dem Gerichtstermin. Die Anklage eines Freien gegen einen Antrustionen erforderte den ansonsten unüblichen Eid, während dieser als Mittel der Beweisführung zwischen Antrustionen ausgeschlossen war.
- c) Bußfälligkeit bei Zeugnisabgabe gegen einen Genossen;
- d) Versorgung am Tisch des Herrn oder – später – in gesonderten beliehenen Wirtschaften;
- e) Teilnahme an der Beratung des Herrn;
- f) vorzugsweise Verwendung bei wichtigen Amtsgeschäften und in Häusern.
2. Verschwunden ist die Trustis im 8. Jahrhundert.
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Die Karolingergefolgschaft hieß satellites, Im 8. Jahrhundert verdrängte bei dem königsnahen Adel im Frankenreich die freie Vasallität das häusliche Gefolgschaftsverhältnis. Da den Mitgliedern der merowingischen „trustis“ die Gründung eines eigenen Hausstandes untersagt war, sich aber dennoch eine solche Praxis verstärkt bemerkbar machte, verringerte sich die Zahl der königlichen Gefolgsleute. Sie wurden durch eine breitere Schicht von rechtlich unabhängigen, von sich aus wehrfähigen Adeligen abgelöst.
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milites, viri militares, teils freie Vasallen, teils Ministeriale. Die „consiliarii“ sind teils Hofbeamte, teils auswärtige Honoratioren.[278]A: satillites,
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Während in der Merowingerzeit das königliche „consilium“ mit den Tisch- und Gefolgsgenossen des Königs nahezu identisch war, entstand in der Karolingerzeit mit dem „consiliarius“ (auch: consul, senator) die spezifische Funktion eines königlichen Rates. Dem Hofrat (consiliarius aulicus) stand der auswärtige Rat gegenüber, der meist ein großer Lehnsmann des Königs war. Die Aufgabe dieser Personen bestand in der Beratung des Königs bei Reichsversammlungen in Fragen der Kriegführung, Verwaltung und Ämterbesetzung. Vgl. Waitz, Georg, Deutsche Verfassungsgeschichte. Die Verfassung des Fränkischen Reiches, Band 3, 2. Aufl. – Berlin: Weidmannsche Universitätsbuchhandlung 1883, S. 530 ff.
Die Zuziehung zur Trustis beruhte weitgehend auf ständischer Erziehung am Hof, wozu die Begüterten ihre Kinder zunehmend entsendeten.
[279]II. Traditional:
1. Hörige Dienstleute des Königs: pueri regis oder p[ueri] aulici
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(vermutlich auch die Adalskalken[279] Die „pueri regis“ bzw. „aulici“, auch „famuli“, „ministeriales“ oder „vassi“ genannt, waren im fränkischen Reich Dienstleute im königlichen Haushalt. Sie waren zwar unfreien Standes, doch besaßen sie ein hohes Sozialprestige. Sie wurden für den persönlichen Königsdienst in den vier Hofämtern (Seneschall, Marschall, Schenk und Kämmerer) oder zur Aufsicht einzelner höfischer Wirtschaftszweige, zu Gesandtschaften, Schutzgeleiten oder polizeilichen Aufgaben herangezogen.
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in Bayern),[279]A: Adalshalken
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zuweilen Antrustionen. Und: unfrei, also: doppeltes Litenwergelt. Nach einem Quellenbeleg aus den Gesetzen des bayerischen Herzogs Tassilo (748–788) waren die „Adalskalken“ gegenüber den sogenannten „Kleineren“ (minores) eine herausgehobene Gruppe innerhalb der unfreien Dienstleute des Herzogs. Vgl. Additio quinta legis Baiuwarium. Decreta Tassilonis ducis cum actis synodalibus, in: Monumenta Germaniae Historica, Leges III, hg. v. Georg Heinrich Pertz. – Hannover: Hahnsche Buchhandlung 1863, c. 7, S. 460. Sie genossen ein erhöhtes Wergeld und waren wahrscheinlich unfreier Geburt.
2. Unfreie „in cohorte
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“, militärisch bewaffnete Kolonen, Sklaven, Ministerialen. Im Fall der Berufsmäßigkeit heißen sie „honorati“, haben Waffenrecht, Fähigkeit zu beneficia. A: horte
III. Feudal:
freie Vasallen des Königs, durch freien Kontrakt unter Belehnung mit Waffen, politischen Herrengewalten, Land oder Renten zunächst [A 641]lebenslänglich belieben gegen Kommendation, Treuschwur und durch ständische Ehre garantierte Oboedienz.
Ständische Qualifikation: ritterliche Lebensführung und militärisch-höfische Bildung. Diese Vorbedingung ist erst durch Differenzierung der „milites“ und Ministerialen des Herrn vor allem aus freien „Vassen“ (keltischer
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Begriff)A: (kultischer
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entstanden. Ursprünglich: Berufs- und durch Art der Beziehung zum Herrn determinierter Stand. Das keltische Wort „vasso“ (mittellateinisch: vassus) bedeutete „Diener“, „Hausknecht“. Während es in der merowingischen Zeit noch den unfreien Hausdiener bezeichnete, wurde der Begriff in der Karolingerzeit auf Freie übertragen, die sich gegenüber dem König oder einem Fürsten in ein Lehns- oder Gefolgschaftsverhältnis begaben.
Mit Appropriation der Lehen umgekehrt: erbcharismatisch qualifiziert durch rittermäßiges Leben der Vorfahren zur
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Übernahme von Lehen. A: Vorsteher zur