MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. [(Zweiter und dritter Artikel.)]. II. Knies und das Irrationalitätsproblem. 1905/1906
(in: MWG I/7, hg. von Gerhard Wagner in Zusammenarbeit mit Claudius Härpfer, Tom Kaden, Kai Müller und Angelika Zahn)
Bände

[240]Editorischer Bericht

I. Zur Entstehung

Max Weber hatte im Oktober 1902 zugesagt, für eine Festschrift der Universität Heidelberg einen Beitrag über Karl Knies zu schreiben.1[240] Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Roscher und Knies 1, oben, S. 37–40. Noch im selben Jahr begann er in präliminarischer Hinsicht mit einer Auseinandersetzung mit Wilhelm Roscher. Wie Notizen zeigen, die er an der Jahreswende 1902/03 in Nervi formulierte, beschäftigte er sich dabei freilich auch schon mit Knies.2 Seine stichwortartigen Aufzeichnungen über Knies befinden sich in Briefumschlägen mit dem Briefkopf „Schickert’s Parc-Hôtel Italia Nervi“; vgl. den Abdruck im Anhang, unten, S. 623–668, bes. S. 641–657. In der ersten Jahreshälfte 1903 stellte er den ersten, „Roschers ,historische[r] Methode‘“ gewidmeten Teil seiner Abhandlung fertig, der dann im Oktober 1903 publiziert wurde, allerdings nicht in der Festschrift, sondern in Schmollers „Jahrbuch“.3 Weber, Roscher und Knies 1, oben, S. 37–101. Ob er während dieser Monate seine Beschäftigung mit Knies vorantrieb, ist nicht belegt. Jedenfalls stellte sich ihm mit der Übernahme des Braunschen „Archivs“ in der zweiten Jahreshälfte 1903 eine neue Herausforderung,4 Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 102–111; Jaffé, Sombart, Weber, Werbetext, oben, S. 112–119; [Jaffé, Sombart, Weber,] Geleitwort, oben, S. 120–134. zu der 1904 weitere Projekte hinzukamen: Seinem Aufsatz über „Die ,Objektivität‘ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“5 Weber, Objektivität, oben, S. 135–234. folgten seine Studie über die Fideikommißfrage,6 Weber, Fideikommißfrage, MWG I/8, S. 81–188. sein erster Aufsatz über die Protestantische Ethik,7 Weber, Protestantische Ethik I, MWG I/9, S. 97–215. sein Vortrag in St. Louis8 Weber, The Relations of the Rural Community to Other Branches of Social Science, MWG I/8, S. 200–243. und seine [241]Abhandlung über die Altgermanische Sozialverfassung.9[241] Weber, Der Streit um den Charakter der altgermanischen Sozialverfassung, MWG I/6, S. 228–299. Wie aus einem Brief an seinen Bruder Alfred Weber vom 8. März 1905 hervorgeht, sollte er erst jetzt wieder Zeit finden, sich mit Methodologie zu beschäftigen: „Im Übrigen werde ich froh sein, wieder an methodologische […] Studien zu kommen.“10 Brief von Max Weber an Alfred Weber vom 8. März 1905, MWG II/4, S. 435 f., hier S. 436. Damit dürfte zunächst seine Beschäftigung mit Knies gemeint sein.

Am 29. Juni 1905 teilte Weber Franz Eulenburg mit, daß er „Gottlʼs Ansichten […] vielleicht in einer Abhandlung bei Schmoller demnächst etwas näher analysieren werde“.11 Brief von Max Weber an Franz Eulenburg vom 29. Juni 1905, ebd., S. 491 f. Ein expliziter Beleg dafür, daß er an der Fortsetzung seiner Aufsatzfolge arbeitete, findet sich in einem Brief an seinen Bruder Alfred vom 29. Juli 1905, in dem er mitteilte, er befinde sich „tief in einer Arbeit für Schmoller steckend“.12 Brief von Max Weber an Alfred Weber vom 29. Juli 1905, ebd., S. 499 f., hier S. 499. Am 1. September 1905 teilte er Willy Hellpach mit: „Münsterberg bekämpfe ich soeben selbst in einem Aufsatz, der im Oktober/November in Schmollers ,Jahrbuch‘ erscheint.“13 Brief von Max Weber an Willy Hellpach vom 1. Sept. 1905, ebd., S. 511 f., hier S. 512. Vgl. auch den Brief an Willy Hellpach vom 5. Sept. 1905, ebd., S. 518.

Zu diesem Zeitpunkt war Weber offenbar schon mit „Corrigieren“ befaßt.14 Brief von Max Weber an Marianne Weber am oder nach dem 30. Aug. 1905, ebd., S. 510. Am 3. September 1905 schrieb er Emil Lask: „Ich korrigiere eben ,Roscher und Knies‘ und schicke in einiger Zeit die zweite Korrektur an Sie, nicht zum Korrigieren, denn ein oder zwei Schnitzer in noologischer Hinsicht schaden ja schließlich nichts, und ganz grobe Böcke werden hoffentlich in dieser sehr breiten ,populären‘ Darstellung fehlen. Leider bleibt sie ein kleines Schnitzel, Schmoller wollte meinen Vorschlag, sie in Petit zu drucken, nicht annehmen, nun hat er nur für die kleinere Hälfte des Aufsatzes Platz.“15 Brief von Max Weber an Emil Lask vom 3. Sept. 1905, ebd., S. 513 f., hier S. 514. Gedruckt wurde dann aber zunächst doch die größere Hälfte des Aufsatzes. Die Aufsatzfolge wurde also nur wegen der Überlänge des zweiten Teils in drei Folgen – anstatt in zweien – gedruckt. Die zweite Folge erschien im Oktober 1905. Ob Weber in der dritten Folge der Abhandlung, die im Januar 1906 veröffentlicht wurde, vor dem Druck noch inhaltliche Veränderungen vornahm, wissen wir nicht. Eingeflochten sind zumindest Hinweise auf aktuelle Veröffentlichungen.16 Vgl. den Hinweis auf Hellpach, Wissenschaftslehre, unten, S. 335, Fn. 10 mit Anm. 39; dieser Aufsatz war erst am 26. Juni 1906 veröffentlicht worden, aber Weber kannte vermutlich schon die Manuskriptfassung bzw. die Druckfahnen dazu; vgl. auch den Verweis auf Weber, Kritische Studien, unten, S. 340, Fn. 14 mit Anm. 60, und S. 349, Fn. 25; Webers eigener Aufsatz war im Januar-Heft des „Archivs“ erschienen, das am 8. Februar 1906 ausgeliefert wurde. [242]Jedenfalls war für Weber diese Thematik auch danach noch nicht abgeschlossen. Die dritte Folge endet mit dem Hinweis: „(Ein weiterer Artikel folgt.)“,17[242] Weber, Roscher und Knies 3, unten, S. 379. Im Aufsatz finden sich weitere Hinweise auf die geplante Fortsetzung, die das Werk von Knies betreffen, vgl. unten, S. 377 mit Anm. 9; S. 378 mit Anm. 14, S. 379 mit Anm. 15 und 16. was aber nicht mehr geschah.

II. Zur Überlieferung und Edition

Ein Manuskript ist nicht überliefert. Die zwei Folgen des Textes sind erschienen im „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“, hg. von Gustav Schmoller:

‒ Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie [(Zweiter Artikel.)]. II. Knies und das Irrationalitätsproblem [I.]: 29. Jg., Heft 4, 1905, S. 89–150 [1323–1384];

‒ Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. (Dritter Artikel.) II. Knies und das Irrationalitätsproblem. (Fortsetzung.) [II.]: 30. Jg., Heft 1, 1906, S. 81–120 [81–120].

Der Abdruck folgt der Veröffentlichung im „Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich“ (A). Die erste Folge des Aufsatzes erschien bereits 1903 und ist entsprechend der Chronologie ‒ separat ediert.18 Weber, Roscher und Knies 1, oben, S. 37–101.

Der Text ist fortlaufend wiedergegeben. Die Überschriften des Erstdrucks und die Teilinhaltsverzeichnisse der Aufsatzfolgen bleiben erhalten. Die erste Überschrift wird um den Zusatz „(Zweiter Artikel.)“ entsprechend der Angaben zur ersten und dritten Aufsatzfolge ergänzt, aber als Herausgeberzusatz kenntlich gemacht.19 Vgl. unten, S. 243 und S. 328. Die in den Inhaltsverzeichnissen und im Text enthaltenen Querverweise sind stillschweigend an die Neuedition angeglichen. Die Zählung der Fußnoten, die auf jeder Seite mit „1)“ beginnt, ist pro Aufsatzfolge durch eine durchgängige ersetzt. Als Randsigle wird die Heftseitenzählung (nicht die des Gesamtbandes) der Vorlage angegeben.