MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Redaktionelle Bemerkung zu vorstehendem Aufsatz [von Gustav Cohn, Über den wissenschaftlichen Charakter der Nationalökonomie]. 1905
(in: MWG I/7, hg. von Gerhard Wagner in Zusammenarbeit mit Claudius Härpfer, Tom Kaden, Kai Müller und Angelika Zahn)
Bände

[235]Editorischer Bericht

1. Zur Entstehung

Im dritten Heft des 20. Bandes des „Archiv[s] für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“, das im März 1905 erschien, publizierte Gustav Cohn, ein namhafter „Vertreter“ der „ethischen Nationalökonomie“,1[235] Sombart, Ideale (wie oben, S. 106, Anm. 9), S. 16. die Abhandlung „Über den wissenschaftlichen Charakter der Nationalökonomie“.2 Cohn, Nationalökonomie, erschienen in: AfSSp, Band 20, Heft 3, 1905, S. 461–478. Darin knüpfte er direkt an Max Webers Abhandlung „Die ‚Objektivität‘ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis“3 Weber, Objektivität, oben, S. 135–234. an und problematisierte die „Scheidung […] zwischen dem Seienden und dem Seinsollenden in dem Stoffe unserer Wissenschaft“.4 Cohn, Nationalökonomie, S. 461, 466. Webers redaktionelle Bemerkung schließt an Cohns Abhandlung an.5 Vgl. unten, S. 237–239. Redaktionelle Bemerkungen waren ein Mittel des Herausgeberkreises, später der Redaktion im engeren Sinne, Artikel in technischer oder inhaltlicher Hinsicht zu kommentieren.6 Vgl. dazu die im Anhang abgedruckten Anmerkungen der Redaktion, unten, S. 669–673.

Weber nutzt diese Möglichkeit, geht aber nicht auf Cohns Position ein, sondern auf dessen Darstellung einer Kontroverse im Verein für Socialpolitik. Dabei äußert sich Weber – auch durch Werner Sombart „beauftragt“7 Vgl. unten, S. 237, Fn. 1. – weniger als Herausgeber des „Archivs“ als vielmehr in seiner Funktion als Mitglied des Ausschusses des Vereins, dem er zusammen mit Sombart angehört.8 Weber war im März 1893 erstmals in den Ausschuß kooptiert worden (vgl. Boese, Franz, Geschichte des Vereins für Sozialpolitik 1872–1932 (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 188). – Leipzig: Duncker & Humblot 1939, S. 69). Sombart war bereits ein Jahr zuvor kooptiert (ebd., S. 66) und dann ab 1899 zum Ausschußmitglied gewählt worden (vgl. das Protokoll der Ausschußsitzungen des Vereins für Socialpolitik, Hamburg, 13.–17. September 1903, GStA PK Berlin, I. HA, Rep. 196, Verein für Socialpolitik, Nr. 71, BI. 1–2 (hinfort: Ausschußprotokoll Hamburg 1903), hier BI. 1v). In der Ausschußsitzung am 13. März 1903 war es zu einer Debatte darüber gekommen, ob eine Gegendarstellung der Direktion der Großen Berliner Stra[236]ßenbahn zu einem in den Vereinsschriften abgedruckten Aufsatz Fritz Deichens über die Lage der Bediensteten und Arbeiter im Straßenverkehrsgewerbe Berlins in den Schriften des Vereins abgedruckt werden solle.9[236] Deichen, Fritz, Erhebungen über die Verhältnisse der Bediensteten und Arbeiter im Straßenverkehrsgewerbe Berlins (Schriften des Vereins für Socialpolitik 99). – Leipzig: Duncker & Humblot 1902, S. 367–531. Nach Überprüfung der Darstellung Deichens durch Hans Freiherr von Berlepsch beschloß der Ausschuß auf seiner Sitzung am 13. September 1903 in Hamburg, an der Weber teilgenommen hatte, mit großer Mehrheit, eine solche Gegendarstellung nicht zuzulassen, da der Verein nicht die Verantwortung für alle Einzelheiten in seinen Publikationen übernehmen könne und der Direktion die Entgegnung auf publizistischem Wege offen stehe.10 Vgl. Ausschußprotokoll Hamburg 1903 (wie oben, S. 235, Anm. 8), BI. 1r-1v. Cohn sah darin eine Preisgabe von „Objektivität“ zugunsten der „sozialpolitischen, d. h. arbeiterfreundlichen Parteinahme“ der Vereinsmitglieder.11 Cohn, Nationalökonomie, S. 462. Dieser Einschätzung widersprach Weber.12 Weber zeigte sich im Rückblick von der Qualität von Cohns Artikel nicht überzeugt. Vgl. den Brief von Max Weber an Ignaz Jastrow vom 5. Sept. 1905, MWG II/4, S. 519 f.

II. Zur Überlieferung und Edition

Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Abdruck folgt dem Text, der unter dem Titel: „Redaktionelle Bemerkung zu vorstehendem Aufsatz“ im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, Band 20, Heft 3, 1905, S. 479, erschienen ist (A). Die redaktionelle Bemerkung ist gezeichnet mit „Max Weber.“

Der Text ist im „Archiv“ in Petitdruck gesetzt, wird hier aber in normaler Schrifttype wiedergegeben. Die Fußnotenzählung wird von Asterisken auf arabische Zählung umgestellt.