MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

[Marktgemeinschaft]
(in: MWG I/22-1, hg. von Wolfgang J. Mommsen, in Zusammenarbeit mit Michael Meyer)
Bände

[191]Editorischer Bericht

Zur Entstehung

Der Markt wird bei Weber als „der Typus alles rationalen Gesellschaftshandelns“ bezeichnet, weil hier nur der Wille und die Fähigkeit zum Tausch entscheidend sind, und dies ohne Ansehen der Person.1[191] Vgl. unten, S. 193. Damit steht der Markt den anderen Gemeinschaftsgebilden, die Weber in dem älteren Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft“ behandelt hat, diametral gegenüber.

Ein eigenständiges Kapitel über den „Markt“ wird zum ersten Mal in der Disposition von 1914 erwähnt; es trägt dort die Überschrift „Die Marktvergemeinschaftung.“2 GdS, Abt. I, S. X–XI (MWG I/22-6). Weber hatte jedoch bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Niederschrift eines Textes über die Marktgemeinschaft in Angriff genommen oder dieses zumindest konzipiert, denn sowohl in der „Rechtssoziologie“ als auch in dem Abschnitt „,Klassen‘, ,Stände‘ und ,Parteien‘“ finden sich entsprechende Rückverweise.3 Vgl. WuG1, S. 416, 432 (MWGI/22-3); sowie den Text „,Klassen‘, ,Stände‘ und ,Parteien‘“, unten, S. 266, Anm. 27. Innerhalb von Webers Grundrißbeitrag muß die „Marktgemeinschaft“ also vor diesen beiden Abschnitten angeordnet gewesen sein. Aus der einleitenden Bemerkung, daß der Markt „allen bisher besprochenen Gemeinschaftsgebilden“ gegenüber trete, geht ferner hervor, daß dem Text Ausführungen über Vergemeinschaftungen vorangestellt gewesen sein müssen, deren Gemeinschaftshandeln nur partiell rationaler Natur ist.4 Vgl. unten, S. 193. Dies trifft sowohl für die Hausgemeinschaft und die sich aus dieser entwickelnden Gemeinschaftstypen als auch für die ethnischen Gemeinschaften zu, desgleichen sind die inneren Bindungen „Religiöser Gemeinschaften“ überwiegend keinesfalls rational begründet. In der Disposition von 1914 sind diese Kapitel sämtlich vor dem Kapitel „Die Marktvergemeinschaftung“ angeordnet, während im 1919/20 entstandenen, sogenannten ersten Teil von „Wirtschaft und Gesellschaft“ die Ausführungen über den Markt eine neue, vorgezogene Position erhalten haben.5 Vgl. WuG1, S. 43 f. (MWG I/23).

[192]Zur Überlieferung und Edition

Der Text ist offensichtlich unvollendet geblieben. Ein Manuskript ist nicht überliefert. Im folgenden wird der Text so abgedruckt, wie er in der von Marianne Weber und Melchior Palyi veröffentlichten Fassung in dem Handbuch: Grundriß der Sozialökonomik, Abteilung III: Wirtschaft und Gesellschaft, 3. Lieferung. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1922, S. 364–367, unter dem Titel „Markt“ erschienen ist (A).

Bezüglich der Anordnung des Textes wird hier der Disposition von 1914 gefolgt. Der Titel „Markt“ in der ersten Auflage von „Wirtschaft und Gesellschaft“ ist wahrscheinlich durch die Erstherausgeber in Anlehnung an den Paragraphen „Markt“ im zweiten Kapitel der ersten Lieferung gewählt worden. Der Text liefert jedoch auch keine Darstellung einer „Marktvergemeinschaftung“, wie sie in der Disposition 1914 vorgesehen war. Da er in seiner überlieferten Form offensichtlich nicht der Disposition von 1914 entspricht, wird in der Edition abweichend der Titel „Marktgemeinschaft“ gewählt. Weber verwendet diesen Begriff selbst.6[192] Vgl. unten, S. 194, 197, sowie den Text „Politische Gemeinschaften“, unten, S. 209, 214. Der Titel wird hier als Herausgeberrede in eckige Klammern gesetzt. Die Kapitelüberschrift der Erstherausgeber wird im textkritischen Apparat mitgeteilt.

Die Emendationen stützen sich teilweise auf Änderungen, die bereits Johannes Winckelmann (Hg.), Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1985, vorgenommen hat.