MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik“
(in: MWG I/9, hg. von Wolfgang Schluchter in Zusammenarbeit mit Ursula Bube)
Bände

[491]Editorischer Bericht

I. Zur Entstehung

Karl Fischer, der mit seiner Kritik an Webers Aufsatzfolge über die „Protestantische Ethik und den ,Geist‘ des Kapitalismus“ dessen Antikritik provoziert hatte,1[491] Vgl. Fischer, Kritische Beiträge, oben, S. 469–477, sowie die Antikritik: Weber, Kritische Bemerkungen, oben, S. 478–490. schrieb eine Replik auf Webers Antikritik. Das mag dem Neuling in der Wissenschaft als eine günstige Gelegenheit erschienen sein, sich bekannt zu machen.2 Zu den Hintergründen vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Kritische Bemerkungen, oben, S. 463–468. Abermals ließ er sich dabei auf methodische Fragen ein. Er suchte Weber zu belehren, wie man in der historischen Forschung allein zu gültigen kausalen Zurechnungen komme, insbesondere, weshalb bei einem Thema wie dem seinen ohne Rückgriff auf ,die Psychologie‘ nicht auszukommen sei. Weber fühlte sich dadurch offensichtlich abermals herausgefordert, gegen methodologische Irrtümer in den Sozial- und Geschichtswissenschaften vorzugehen. In diesem Zusammenhang hatte er auch eine Abhandlung über die historische Kausalbetrachtung geschrieben, die 1906 im „Archiv“ erschienen war.3 Weber, Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik, II. Objektive Möglichkeit und adäquate Verursachung in der historischen Kausalbetrachtung, in: AfSSp, 22. Band, 1. Heft, 1906, S. 185–207 (MWG I/7). Dazu auch die Einleitung, oben, S. 74.

Wann und wem Fischer seine Replik zusandte, ist der überlieferten Verlagskorrespondenz nicht zu entnehmen.4 Eine Korrespondenz zwischen Max Weber und Karl Fischer ist nicht überliefert. Recherchen von Dr. Michael Matthiesen mit Hilfe der Witwe, Ruth Fischer, Berlin, im Jahr 2003 blieben ergebnislos. Jedenfalls wurde die Kontroverse im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ fortgeführt. Zu diesem Zweck schickte Max Weber beides, Fischers Replik und seine Antikritik, am 17. Oktober 1907 direkt an den Verlag: „Anbei 3 Mscr. 1) Söderberg, 2) Fischer 3) Μ. Weber, ersteres zur weiteren Verfügung von Dr Jaffé, letztere beide möglichst für das Novemberheft“, heißt es in Webers Brief an Oskar Siebeck.5 Brief Max Webers an Oskar Siebeck vom 17. Okt. 1907, MWG II/5, S. 409. Fischers und Webers Manuskript gingen sofort an die Druckerei.6 Vgl. Brief von Richard Wille/Richard Pflug an Max Weber vom 21. Okt. 1907 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Edgar Jaffé [492]wurde allerdings erst Ende Oktober von Webers zweiter Antikritik unterrichtet.7[492] Oskar Siebeck teilte Edgar Jaffé am 29. Okt. 1907 brieflich zum Novemberheft mit (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Da die Abhandlung von Mertens noch etwa weitere 3 Bogen füllen wird, wird es sich fragen, ob die Abhandlungen Ferenczi und Frankenberg aufgenommen werden können, zumal da die Fortsetzung der Controverse Max Weber und Fischer, die Herr Professor Weber, wie ich annehme, in Ihrem Einverständnis direkt an mich eingeschickt hat, nicht wird zurückgestellt werden können. Der Umfang der beiden Manuscripte Weber und Fischer ist schwer zu berechnen, schätzungsweise werden sie 1½–2 Bogen stark werden. […] Der Raum wird also bei XXV.3 schon jetzt etwas knapp.“ Aus Platzgründen verschob er diese zweite Kontroverse in das Januarheft.8 Jaffé erwiderte Siebeck am 30. Okt. 1907 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Von der Sendung einer Antwort auf Fischer seitens Professor Webers war ich nicht unterrichtet; die Kontroverse muß, wenn sie soviel Platz einnimmt wie Sie schreiben im Januarheft kommen.“ Oskar Siebeck korrigierte den geschätzten Umfang (vgl. Anm. 7) einen Tag später: „Inzwischen habe ich festgestellt, dass der Umfang der Kontroverse Fischer – Weber nur etwa 12 Seiten füllen wird.“ Doch Jaffé bestimmte sie im Brief an den Verlag vom 2. Nov. 1907 (ebd.) „trotzdem für XVI, 1“.

Weber hatte für die Korrektur seines Artikels am 3. November 1907 einen Abzug von Fischers Beitrag samt dessen Korrekturen erbeten, um auf dessen eventuelle Zusätze oder Änderungen reagieren zu können.9 Vgl. Karte Max Webers an Oskar Siebeck vom 3. Nov. 1907, MWG II/5, S. 419. Fischers Korrekturen wurden ihm schon zwei Tage später zugesandt.10 Mitteilung Oskar Siebecks an Max Weber vom 5. Nov. 1907 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446): „[…] im Besitz Ihrer freundlichen Zeilen vom 3. habe ich die Rückkunft der Korrektur Fischer abgewartet. Die vom Verfasser darin vorgenommenen Korrekturen finden Sie in den heute an Sie abgehenden Abzug eingetragen.“ Den Satz für beide Beiträge berechnete Oskar Siebeck im November auf acht Seiten, fünf für Fischer und drei für Weber, dessen Text wieder in Petit erscheinen sollte.11 Vgl. Telegramm Oskar Siebecks an Edgar Jaffé, zwischen dem 7. und 11. Nov. 1907, und Brief Oskar Siebecks an Jaffé vom 11. Nov. 1907 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck). Zur Verwendung des Petitdrucks in der ersten Antikritik vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Kritische Bemerkungen, oben, S. 466. Tatsächlich umfaßte Webers Antikritik im Ausdruck neun Druckseiten, trotz des Petitdrucks. Ob Weber seinen Beitrag während der Korrekturphase so stark erweiterte oder ob sich einfach eine frühere Schätzung der gesamten Kontroverse auf zwölf Druckseiten12 Vgl. Brief Oskar Siebecks an Edgar Jaffé vom 31. Okt. 1907, oben, Anm. 8 mit Zitat. als richtiger erwies, läßt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen. Am 13. Dezember 1907 mahnte man Weber, seine Korrektur endlich zurückzusenden, damit umbrochen werden könne.13 Vgl. Brief von Richard Wille/Oskar Siebeck an Max Weber vom 13. Dez. 1907 (VA Mohr/Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).

[493]Jaffé ordnete die „Kontroverse FischerMax Weber“ im Januarheft als einzigen Beitrag der Rubrik „Literatur“ zu.14[493] Vgl. Brief Edgar Jaffés an den Verlag vom 10. Dez. 1907 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck). Ein Honorar für seine Replik erhielt Fischer nicht.15 Auf Fischers Bitte an den Verlag vom 23. März 1908 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck), ihm den „kl. Honorarbetrag“, wenn möglich nicht mehr nach Zürich, sondern an eine Berliner Adresse zu schicken, erhielt er von Oskar Siebeck/Richard Wille am 31. März 1908 (ebd.) den Bescheid, „[…] dass über die Honorierung der im ,Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik‘ erscheinenden Arbeiten Herr Dr. Jaffé allein bestimmt. Ich habe ihm daher Ihre Anfrage übermittelt. Er hat mich beauftragt, Ihnen mitzuteilen, dass das ,Archiv‘ prinzipiell für Repliken und Dupliken kein Honorar zahlt.“

II. Zur Überlieferung und Edition

Ein Manuskript ist nicht überliefert. Der Editionstext und die Überschrift folgen: Weber, Max, Bemerkungen zu der vorstehenden „Replik“, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Neue Folge des Archivs für Soziale Gesetzgebung und Statistik, hg. von Werner Sombart, Max Weber und Edgar Jaffé, 26. Band, 1. Heft. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1908, S. 275–283 (A). Das Heft wurde im „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“ am 17. Januar 1908 angekündigt.16 Vgl. „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“, 75. Jg., Nr. 13 vom 17. Jan. 1908, S. 654. Der Text ist von Max Weber autorisiert.

Wie schon erwähnt, ist Webers Artikel im „Archiv“ durchgängig in Petit gesetzt. Für die vorliegende Edition wurde auf Normaldruck umgestellt. Sämtliche Hervorhebungen sind kursiv, Ae wird als Ä, Ue als Ü und ss, wo geboten, mit ß wiedergegeben. Offensichtliche Druckversehen sind stillschweigend korrigiert, alle weiteren Versehen mit Nachweis im textkritischen Apparat korrigiert. Fehlende Satzzeichen werden in eckigen Klammern nachgeführt. Dies gilt ebenfalls für Ergänzungen von nicht üblichen Abkürzungen, zumeist von (Vor-)Namen. Innerhalb eines Zitats werden statt doppelter die üblichen einfachen Anführungszeichen verwendet. Dies geschieht stillschweigend. Zeitbedingte oder Weber-eigene Schreibweisen, wie z. B. „umsomehr“ (S. 499) oder „Tröltsch“ statt „Troeltsch“ (S. 506, Fn. 3), bleiben erhalten.

Zum besseren Verständnis von Webers Antikritik wird Fischers Replik im Anhang zum Editorischen Bericht abgedruckt (S. 494–497). Dies erspart Wiedergaben im Sacherläuterungsapparat. Dieser verweist auf die jeweiligen Bezugsstellen.