[620]Editorischer Bericht
I. Zur Entstehung
Felix Rachfahl fühlte sich durch die Antikritiken von Max Weber und Ernst Troeltsch
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abermals zu einer längeren Abhandlung herausgefordert, um die historische Stichhaltigkeit der „Weber-Troeltschschen Hypothese“, wie er jetzt sagt,[620] Vgl. Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, oben, S. 573–619, und Troeltsch, Kulturbedeutung des Calvinismus.
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zu bestreiten. Er wiederholte damit seinen Angriff gegen die „Heidelberger Schule“. Seine Abhandlung erschien unter dem Titel „Nochmals Kalvinismus und Kapitalismus“ in vier Folgen von Ende Mai bis Mitte Juni 1910, wiederum in der „Internationalen Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik“. Rachfahl, Nochmals Kalvinismus, unten, S. 627.
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Letztlich wiederholte er seine bereits in der ersten Abhandlung vorgetragene Kritik. Er gliedert sie in fünf Abschnitte, die drei Schwerpunkten gewidmet sind. Zunächst erläutert er, weshalb er bei den Ausführungen von Weber und Troeltsch von einer „Kollektivarbeit“ Rachfahl, Nochmals Kalvinismus, ist im Anhang zu diesem Editorischen Bericht, unten, S. 625–664, abgedruckt.
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spreche (I). Als nächstes steht Troeltschs Auffassung von der Kulturbedeutung des Calvinismus im Mittelpunkt seiner Kritik (II). Schließlich folgt die Auseinandersetzung mit Max Weber, einschließlich der Belehrung, wie dieser bei seinem Thema eigentlich hätte vorgehen müssen (III, IV, V). Die Auseinandersetzung mit Max Weber ist wiederum am ausführlichsten. Ebd., unten, S. 625.
Knapp dreieinhalb Wochen, nachdem der „Schluß“ von Rachfahls zweiter Kritik erschienen war, schrieb Weber am 11. Juli 1910 an Edgar Jaffé: „Ich muß leider nochmals kurz auf eine weitere ,Kritik‘ Rachfahls antworten. Diesmal aber sehr kurz ½ Bogen höchstens: ,Antikritisches Schlußwort zum ,Geist‘ des Kapitalismus‘.“
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Wann Weber das Manuskript an die Redaktion des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ übermittelte, geht aus der überlieferten Korrespondenz nicht hervor. Karte Max Webers an Edgar Jaffé vom 11. Juli 1910, MWG II/6, S. 587.
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Wenige Tage vor dem [621]20. August teilte er dem Verlag mit, er befinde sich vom 13. August bis 11. September auf einer Englandreise und man möge ihm die Korrekturen dorthin nachsenden. Emil Lederer teilte dem Verlag in seinem Brief vom 5. August 1910 mit (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck), er habe in Absprache mit Edgar Jaffé eine Änderung des Inhalts des Septemberheftes vorgenommen. Unter der Rubrik „Kritische Li[621]teratur-Übersicht“ waren vorerst die Beiträge von Max Weber, Leopold v. Wiese und David Koigen vorgesehen. Er fügt in Klammern an: „Das Ms. wird Ihnen von Herrn Professor Weber direkt zugesandt worden sein.“ Ob das der Fall war, ließ sich nicht feststellen. Vielleicht schickte es Weber auch aus Brügge, wohin er am 4. August 1910 gereist war.
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Sie wurden denn auch am 23. August nach Bristol geschickt. Vgl. Karte Max Webers an Paul Siebeck, vor dem 20. Aug. 1910, MWG II/6, S. 601.
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Aus Warwick sandte Weber die Korrekturen zurück, und der Verlag erhielt sie am 5. September. Vgl. Brief Oskar Siebecks an Emil Lederer vom 1. Sept. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Von Herrn Professor Max Weber habe ich die Korrektur seines Aufsatzes, die ich ihm am 23. August nach Bristol sandte, noch nicht zurückerhalten.“ Dieses Datum geht auch aus der Mitteilung Oskar Siebecks/Richard Willes an Max Weber vom 22. Aug. 1910 (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446) hervor.
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Die Revision ging nach London, Vgl. Brief Richard Pflugs/Oskar Siebecks an Edgar Jaffé vom 5. Sept. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Von Herrn Professor Weber erhielt ich heute die Fahnenkorrektur zurück.“
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kam aber vor Webers Abreise am 11. September nicht an. Vgl. Brief Max Webers an Oskar Siebeck, vor dem 5. Sept. 1910, MWG II/6, S. 602. Oskar Siebeck antwortete Max Weber am 5. Sept. 1910 (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446): „Ich lasse Ihnen umbrochene Korrektur nach London senden, darf aber wohl um umgehende Rückgabe derselben bitten, da sonst rechtzeitige Fertigstellung des Archivheftes nicht mehr möglich ist.“
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Neue Abzüge der Revision sandte man deshalb nach Heidelberg. Vgl. Telegramm Max Webers an Oskar Siebeck am 11. Sept. 1910, MWG II/6, S. 605, mit Antwort Oskar Siebecks an Weber vom 12. Sept. 1910 (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446): „[…] ich liess Ihnen daher heute neue Abzüge nach Heidelberg senden“.
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Weber lieferte die Korrektur der Revision am 15. September. Vgl. Brief Oskar Siebecks an Edgar Jaffé vom 13. Sept. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Herr Professor Max Weber hat die Korrekturen in London nicht vorgefunden und deshalb neue Abzüge nach Heidelberg erhalten. Diese werden wohl bald zurückkommen.“
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Vermutlich hatte er noch einmal größere Korrekturen eingefügt, Vgl. Brief Oskar Siebecks an Edgar Jaffé vom 15. Sept. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Von Herrn Professor Weber erhielt ich heute die Revision seiner Arbeit zurück.“ Bestätigung des Rückempfangs von „Bogen 36 und 37“ im Brief Oskar Siebecks an Max Weber vom 15. Sept. 1910 (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446).
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worauf auch nachgetragene Fußnoten hindeuten. Vgl. Brief Oskar Siebecks an Max Weber vom 19. Sept. 1910 (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446), worin von einem „Empfang der Korrektur“ die Rede ist.
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Emil Lederer, der Redaktionssekretär des „Archivs“, erbat nämlich am 18. September vom Verleger noch eine Superrevision von Webers Aufsatz: „Von [622][Bogen] 36, 37, 38 (die ich gleichzeitig sandte) erbitte ich Superrevision wegen der gleichzeitig an Sie gelangenden Korrekturen von Weber. Aus demselben Grunde erbitte ich auch noch nachträglich Superrevision von Bogen 35, der ja wohl noch nicht ausgeschickt ist.“ Vgl. unten, S. 623 mit Anm. 27.
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Noch am 18. September gab Lederer das Imprimatur. [622] Brief Emil Lederers an Paul Siebeck vom 18. Sept. 1910 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck). Webers Aufsatz beginnt mit den „Archiv“-Seiten 554–556 auf Bogen 35; er endet mit S. 599 auf Bogen 38, der bis S. 604 reicht.
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Vgl. Brief Emil Lederers an Paul Siebeck vom 18. Sept. 1910 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Gleichzeitig sende ich Bogen 36, 37, 38, 39, 40, 41 mit Imprimatur ab.“
Weil Webers Antikritik nicht, wie angekündigt, ½ Bogen, sondern schließlich nahezu 3 Bogen umfaßte, mußten andere „Archiv“-Beiträge, die für die Rubrik „Kritische Literatur-Übersichten“ vorgesehen waren, auf das Novemberheft verschoben werden.
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Im Druck waren es schließlich 46 Seiten. Vgl. Brief Edgar Jaffés an Oskar Siebeck vom 2. Sept. 1910 (Nl. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck): „Ferner sehe ich aus der soeben erhaltenen Korrektur des Beitrages von Max Weber für das Septemberheft, dass dieser – statt wie angekündigt ½ Bogen – 2 ½ Bogen umfasst; damit würde das, sowieso schon überlange, Heft weit über den äusserst möglichen Umfang hinauswachsen und es bleibt also nichts anderes übrig, als die Beiträge Wiese und Koigen nochmals zurückzustellen; ich bitte also diese ins Novemberheft hinüber zu nehmen. Ferner bitte ich um Mitteilung wohin Sie die Autorkorrektur Max Weber gesandt haben und ob Aussicht besteht, dass die Korrektur in Zeiten zurückkommt; ich selbst habe z.Zt. keine Adresse für Prof. Max Weber und ich fürchte, dass die Rücksendung der Korrektur sich sehr verzögern wird. Im Notfalle müsste man Weber’s Beitrag zurückstellen & dafür Wiese und Koigen hereinnehmen; ich würde dies mit Hinsicht auf Prof. Webers Empfindlichkeit jedoch nur sehr ungerne tun.“
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Vgl. auch das Honorartableau in der Anlage des Briefes von Oskar Siebeck an Edgar Jaffé vom 4. Okt. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck). Daraus geht außerdem hervor, daß Weber 50 Separata erhielt und für seinen Aufsatz 44 Korrekturstunden (in rot notiert) berechnet wurden.
Mit der zweiten Antikritik beendete Weber die für ihn unerfreuliche „Rachfahl-Keilerei“,
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nutzte aber die Gelegenheit, seine eigene Position nochmals ausführlich darzulegen. Weber ließ die polemische Auseinandersetzung mit Rachfahl, die den ersten Teil des Beitrags umfaßt, in Petit setzen. Brief Max Webers an Karl Vossler vom 11. und 14. Dez. 1910, MWG II/6, S. 740, dem er offensichtlich eines der Separata übermittelte: „Die gleichzeitig geschickte Rachfahl-Keilerei ist sehr unerfreulich!“
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Er wollte damit dem Leser anzeigen, er könne die „unvermeidlich ziemlich langwierige Auseinandersetzung“ mit Rachfahl auch „überschlagen“. Vgl. Weber, Antikritisches Schlußwort, unten, S. 667–707. – Direkte Korrespondenz zwischen Max Weber und Felix Rachfehl ist nicht überliefert.
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Nicht darauf, sondern auf die in „normaler“ Schriftgröße gesetzte Zusammenfas[623]sung seiner beiden Protestantismus-Aufsätze, den zweiten Teil, komme es ihm an. Weber, Antikritisches Schlußwort, unten, S. 667.
II. Zur Überlieferung und Edition
Ein Manuskript ist nicht überliefert. Die Edition folgt dem Erstdruck: Weber, Max, Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, in Verbindung mit Werner Sombart und Max Weber hg. von Edgar Jaffé, 31. Band, 2. Heft. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1910, S. 554–599 (A). Das Heft wurde am 29. September an den Buchhandel versandt
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und am 7. Oktober 1910 im „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“ bekannt gemacht. [623] So die Mitteilung im Brief Oskar Siebecks an Edgar Jaffé vom 4. Okt. 1910 (NI. 488, SBPK zu Berlin: VA Mohr Siebeck).
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Eine längere Petitdruckpassage (S. 667–707) Vgl. „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“, 77. Jg., Nr. 233 vom 7. Okt. 1910, S. 11 639
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wird in normaler Schriftgröße wiedergegeben, aber textkritisch ausgewiesen. Vgl. oben, S. 622 mit Anm. 21.
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Johannes Winckelmann kürzte in seiner Ausgabe der „Kritiken und Antikritiken“ längere polemische Sätze Max Webers im einleitenden Abschnitt (unten, S. 665, Z. 11–S. 666, Z. 1, sowie Teile der dazugehörigen Fußnote 1) und im Petitdruckbereich (unten, S. 667, Z. 16–S. 668, Z. 6). Vgl. Weber, Max, Antikritisches Schlußwort zum „Geist des Kapitalismus“, in: ders., Die protestantische Ethik. II. Kritiken und Antikritiken, hg. von Johannes Winckelmann, 1. Aufl. – München, Hamburg: Siebenstern Verlag 1968, S. 283–345, hier S. 283.
Die Zählung der nachgetragenen Fußnoten („a“) wird beibehalten, weil sie Indiz für eine Überarbeitung während der Drucklegung ist.
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Zeitgenössische Schreibweisen, wie „Resumé“ (S. 665 u.ö.) oder „Resümé“ (S. 684), „Wiederspiegelung“ (S. 728), „Bureaukratismus“ (S. 668), „grade“ (S. 727), bleiben erhalten, ebenso Besonderheiten bei der Namensschreibung, etwa die doppelte Schreibweise von Ernst „Tröltsch“ bzw. „Troeltsch“ (Weber geht hier teilweise zu „Troeltsch“ über). Emendiert wird hingegen Sebastian „Frank“ zu „Franck“ (S. 726) oder „herrenhuterische“ zu „herrnhuterische“ (ebd.). Vgl. S. 682, Fn. 7a; die lange Fußnote 11a, S. 692–696, mit Belegstellen u. a. zu Petty und Calvin, sowie S. 731, Fn. 25a.
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Weiterhin galten für die editorische Arbeit die oben bereits dargelegten Regeln. Vgl. dazu den Editorischen Bericht zu Weber, Protestantische Ethik II, oben, S. 232 mit Anm. 50.
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Vgl. den Editorischen Bericht zu Weber, Antikritisches zum „Geist“ des Kapitalismus, oben, S. 519 f.
[624]Zum besseren Verständnis von Webers Antikritik wird die zweite Rachfahl-Kritik im Anhang zu diesem Editorischen Bericht (S. 625–664) abgedruckt. Dies erspart Wiedergaben im Sacherläuterungsapparat.