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MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

[115][A (1)][Werbetext zum]
Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, Sozialwissenschaft und Sozialpolitik

Begründet von Heinrich Braun. Herausgegeben von Professor Werner Sombart in Breslau[,] Professor Max Weber in Heidelberg und Dr. Edgar Jaffé in Heidelberg.

Das Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik, welches auf eine erfolgreiche 16jährige Wirksamkeit zurückblicken kann,1[115] Das erste Heft erschien 1888. wird nach Abschluß des im Erscheinen begriffenen 18. Bandes aus der Redaktion seines Begründers2 Gemeint ist Heinrich Braun. in die Hände der unterzeichnendena[115]A: unterzeichneten Herausgeber3 Gemeint sind Edgar Jaffé, Werner Sombart und Max Weber. und zugleich in den Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen übergehen.

Die Veränderung in der Schriftleitung wird keinerlei Änderung in dem allgemeinen Charakter, welcher dem Archiv seit seiner Entstehung eigentümlich war, mit sich bringen. Förderung der praktischen, sozialpolitischen Arbeit mit den Mitteln der Wissenschaft, das heißt: durch streng unbefangene, an keine Partei- oder Schulmeinung gebundene Analyse der Thatsachen4 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 106, Zeile 8: „Klarlegung der Thatsachen“. einerseits, der Gesetzgebung5 Vgl. ebd., oben, S. 107, Zeile 7: „Gesetzgebung“. in ihren Motiven und praktischen Konsequenzen andererseits, wird auch künftig die Aufgabe des Archivs sein.

[A (2)]Wir wollen diesem Zweck, im Anschluß an die bisherige Gliederung des Archivs, dienen:

1) durch Veröffentlichung größerer Original-Abhandlungen;6 Vgl. ebd., oben, S. 108, Zeile 1: „Originalabhandlungen“.

2) durch Abdruck7 Vgl. ebd.: „Abdruck“. und eingehende fachmännische8 Vgl. ebd., oben, S. 110, Zeilen 10–11: „von berufenen Fachmännern“. Vgl. dazu auch ebd., oben, S. 105 f. mit Anm. 6 und 7. Analyse der das Gebiet der Sozialpolitik berührenden Gesetze und Erlasse des [116]In- und Auslandes,9[116] Vgl. ebd., oben, S. 110, Zeilen 8–9: „in das Gebiet der ‚Sozialpolitik‘ direkt eingreifenden Gesetze und Verordnungen des In- und Auslands“. verbunden mit regelmäßiger,10 Vgl. ebd., Zeile 9: „regelmäßig“. zusammenfassender Berichterstattung11 Vgl. ebd., oben, S. 111, Zeile 6: „Berichterstattung“. Vgl. auch den Kommentar zum Brief von Max Weber an Edgar Jaffé vom 18. Sept. 1903, MWG II/4, S. 150 f., hier S. 150. über die sozialen Bewegungen12 In Sombart, Ideale (wie oben, S. 106, Anm.9), und in Sombart, Moderner Kapitalismus I (wie oben, S. 14, Anm. 94), ist häufig und in verschiedener Konnotation von „Bewegungen“ die Rede, aber nicht explizit von „sozialen Bewegungen“. Vgl. aber Sombart, Werner, Sozialismus und soziale Bewegung im 19. Jahrhundert. Nebst einem Anhang: Chronik der sozialen Bewegung von 1750 bis 1896. – Jena: Gustav Fischer 1896. und die Fortschritte der sozialpolitischen Gesetzgebung13 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 107, Zeile 7: „der sozialpolitischen Gesetzgebung“. der wichtigsten Kulturländer;14 Vgl. ebd., oben, S. 110, Zeile 19: „Haupt-Culturländer“, S. 107, Zeile 8: „in allen Kulturländern“, und S. 110, Zeile 5: „in allen Culturländern“. Vgl. auch Sombart, Moderner Kapitalismus I (wie oben, S. 14, Anm. 94), S. 232, 490, 548, 573, 587, und Weber, Objektivität, unten, S. 165.

3) durch eingehende Besprechung aller bedeutenden Neuerscheinungen und ebenfalls regelmäßige, zusammenfassende, litteraturkritische Berichterstattung über die einzelnen Gebiete der in- und ausländischen Fachlitteratur und der Litteratur der Nachbardisciplinen.15 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 110, Zeile 2: „der benachbarten Disciplinen“.

Das Archiv soll auch in Zukunft nicht ein Sammelpunkt für Abhandlungen aus allen, zum Teil recht heterogenen, Gebieten der „Volkswirtschaftslehre“ werden;16 Vgl. sinngemäß mit Beispielen ebd., oben, S. 108. es will vielmehr, indem es sich auf die Behandlung der sozialen Probleme17 Sombart, Zeitschriften (wie oben, S. 106, Anm. 8), S. 2, und Sombart, Ideale (wie oben, S. 106, Anm. 9), S. 17 f., spricht von „socialen“ bzw. „sozialen Problemen“. – allerdings im weitesten Sinn des Wortes – beschränkt, versuchen, für dies Gebiet etwas Abgeschlossenes und Eigenes zu bieten.

[117]Ergiebt sich die Notwendigkeit einer derartigen Selbstbeschränkung18[117] Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 108, Zeilen 4–5: „eine wohlerwogene Selbstbeschränkung“. aus zwingenden Gründen der Arbeitsteilung,19 Vgl. ebd., Zeilen 2–3: „aus zwingenden Gründen wissensch[aftlicher] Arbeitsteilung“. so muß eben deshalb das Archiv es andrerseits als seine Aufgabe betrachten, den Gefahren, die diese, wie jede, Spezialisierung20 Von „Specialisirung“ in der Wissenschaft ist die Rede in Sombart, Zeitschriften (wie oben, S. 106, Anm. 8), S. 1. mit sich bringt, entgegenzuwirken durch eine entschiedenere Betonung des Zusammenhanges unseres gesamten Wissens. Hierzu wird einerseits eine Vertiefung21 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 107, Zeile 10, und S. 109, Zeile 4: „Vertiefung“. in der Art der Behandlung unserer Probleme nach der Seite ihrer prinzipiellen philosophischen und methodologischen Grundlagen hin unentbehrlich sein, soll anders unsere Arbeit nicht schließlich in ein Aufspeichern ungeordneten Materials und unzusammenhängender Einzelgedanken ausmünden.22 Vgl. Sombart, Zeitschriften (wie oben, S. 106, Anm. 8), S. 3. Diesem Zweck wird die verstärkte Behandlung prinzipieller und methodischer Fragen in unseren Aufsätzen dienen. Andererseits werden wir genötigt sein, den Zusammenhang mit den Nachbargebieten unserer Disciplin durch kritische Auseinandersetzung mit ihren für uns wichtigen Ergebnissen zu wahren. Dieser Aufgabe wird die Ausgestaltung unserer Litteraturberichte und Kritiken dienen, in denen wir nicht [A (3)]nur das gesamte Gebiet der Sozialwissenschaften, sondern auch deren Grenzgebiete23 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 109, Zeilen 5–6: „die philosophischen Grenzgebiete der Sozialwissenschaften“. sowohl nach der theoretischen Seite hin (Allgemeine Wissenschaftslehre24 Rickert, Grenzen, S. 15, 31, betreibt Philosophie bzw. Logik als „Wissenschaftslehre“. Diese Bezeichnung gebraucht er häufig. und Erkenntniskritik,25 Im Neukantianismus wird „Erkenntnistheorie“ im Kantschen Sinne als „Kritik“ betrieben. Vgl. Windelband, Wilhelm, Was ist Philosophie? (Über Begriff und Geschichte der Philosophie), in: ders., Präludien. Aufsätze und Reden zur Einleitung in die Philosophie. – Freiburg i. B. und Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1884, S. 1–53 (hinfort: Windelband, Philosophie), hier S. 24 ff. Vgl. in diesem Sinne auch Rickert, Gegenstand (wie oben, S. 6, Anm. 35). Rechts[118]philosophie, allgemeine Staatslehre,26[118] Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 109, Zeilen 6–8: „insbesondere der Rechtsphilosophie, der allgemeinen Soziallehre des Staats“. Vgl. auch ebd., Anm. 15. Sozialpsychologie,27 Vgl. Sombart, Moderner Kapitalismus I (wie oben, S. 14, Anm. 94), S. XXI, sowie Weber, Roscher und Knies 1, oben, S. 58, 78, und Weber, Objektivität, unten, S. 201. Sozialanthropologie28 Zu „Anthropologie“ und „Rasse“ vgl. Weber, Objektivität, unten, S. 169 ff. Vgl. auch den Abschnitt „Biologische und anthropologische Grundlagen der Gesellschaft“ in Weber, Allgemeine („theoretische“) Nationalökonomie, MWG III/1, S. 345 ff. und soziale Ethik)29 Damit setzt sich Sombart, Ideale (wie oben, S. 106, Anm. 9), eingehend auseinander. wie nach der praktischen (soziale Hygiene u. a.)30 Am 17. November 1903 teilte Jaffé seinem Verleger mit: „Professor Sommerfeld der bekannte Gewerbe-Hygieniker in Berlin hat sich bereit erklärt die Berichterstattung für soziale Medizin + Hygiene für das Archiv zu übernehmen.“ Vgl. den Brief von Edgar Jaffé an Paul Siebeck vom 17. Nov. 1903, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K. 146. derart mitbehandeln werden, daß unseren Lesern eine fortlaufende Orientierung über die für uns wichtigen Fortschritte auf diesen Gebieten ermöglicht wird.

Wir hoffen, so unsere Zeitschrift im wahren Sinne des Wortes zu einem „Archiv“ für das Gebiet der sozialen Probleme auszugestalten, in welchem der Fachgelehrte ebenso wie der Praktiker und der Studierende alles vereinigt findet, was in den Bereich dieser Aufgabe fällt.

Zu den bisherigen hervorragenden Mitarbeitern, welche das Archiv, ohne Rücksicht auf politische Stellung, in allen Kreisen, die sich mit diesen Problemen beschäftigen, gefunden hat, werden eine größere Zahl von Fachmännern des In- und Auslandes31 Vgl. Weber, Entwurf zur Übernahme des Archivs, oben, S. 110, Zeilen 9 und 11. neu hinzutreten, die zum Teil bereits die Behandlung ganzer Teilgebiete dauernd fest übernommen haben.

An Stelle der bisherigen zwanglosen Reihenfolge der Hefte beabsichtigen wir zunächst alle 3 Monate, späterhin entsprechend der Vermehrung des Inhaltes eventuell alle 2 Monate ein Doppelheft im gewohnten Umfange von ca. 14 Druckbogen zur Ausgabe zu bringen; drei Doppelhefte bilden einen Band.

Der Preis des Bandes (16 Mark), dessen Umfang und Ausstattung bleiben unverändert.

[119]Alle für die Redaktion bestimmten Manuskripte und sonstigen Sendungen bitten wir nach Heidelberg zu Händen von Dr. Edgar Jaffé zu adressieren, Recensionsexemplare dagegen an J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Leipzig, Querstraße 21 zu dirigieren.32[119] Diese Formulierung findet sich in einem Brief von Paul Siebeck an Edgar Jaffé vom 27. Okt. 1903, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nl. 488 (Archiv des Verlages Mohr Siebeck), K. 146.

Breslau und Heidelberg, im Oktober 1903.

Werner SombartMax WeberEdgar Jaffé.