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MWG digital

Die digitale Max Weber-Gesamtausgabe.

[741]Editorischer Bericht

I. Zur Entstehung

Das „Statut“ der im Januar 1909 gegründeten „Deutschen Gesellschaft für Soziologie“ (DGS) bestimmte, daß neben soziologischen Untersuchungen und Veröffentlichungen auch „periodisch stattfindende deutsche Soziologentage“ durchgeführt werden sollten.1[741] Vgl. Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.–22. Oktober 1910 in Frankfurt a.M. Reden und Vorträge von Georg Simmel u. a. (Schriften der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, I. Serie, I. Band). – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911 (hinfort: Verhandlungen 1910), Abdruck der Statuten, S. V–IX, hier Statut § 1, S. V. Nach einigem Hin und Her wegen des Tagungsortes fand der erste dieser Soziologentage vom 19. bis 22. Oktober 1910 in der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt am Main statt.2 Man hatte zunächst Leipzig, dann Berlin ins Auge gefaßt, bevor man sich für Frankfurt entschied. Vgl. Briefe Max Webers an Hermann Beck vom 29. März 1910, MWG II/6, S. 448–450, hier S. 448 mit Anm. 1 und 2, und vom 8. Juni 1910, MWG II/6, S. 556–558, hier S. 557 f. mit Anm. 7, und vom 10. Juli 1910, MWG II/6, S. 583 f., hier S. 583 mit Anm. 1. Max Weber hatte es übernommen, die Referenten zu gewinnen und Vorschläge für die Abfolge der Referate zu unterbreiten.3 Vgl. Briefe Max Webers an Hermann Beck vom 8. Febr., 11. Febr., 8. März, 29. März, 12. Sept. und 18. Sept. 1910, MWG II/6, S. 397–399, 401, 422 f., 448–450, 606 f. und S. 613 f., an Hermann Kantorowicz vom 17. Okt. 1910, MWG II/6, S. 649, und an Ferdinand Tönnies vom 18. Okt. 1910, MWG II/6, S. 651. Dazu Webers Korrekturen an der Teilnehmerkarte im Brief an Hermann Beck vom 18. Sept. 1910, MWG II/6, S. 610 f. Auf der Vorstandssitzung vom 5. Januar 1911 wurde er mit der Suche nach einem geeigneten Verlag für die Publikation der Verhandlungen beauftragt,4 Schon im Vorfeld der Tagung hatte Weber mit dem Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen wegen der Publikation der Referate und Diskussionen Verbindung aufgenommen. Vgl. Briefe Max Webers an Hermann Beck vom 4. Okt. 1910, MWG II/6, S. 632 f., hier S. 633 mit Anm. 5, sowie an Oskar Siebeck vom 11. Okt., 14. Okt., 16. Okt., 18. Okt. und 29. Nov. 1910, MWG II/6, S. 642 f., 647, 648, 650 und S. 699. und er ent[742]schied sich für den Verlag J.C.B. Mohr (Paul Siebeck).5[742] Vgl. Editorische Vorbemerkung und Brief Max Webers an Oskar Siebeck, vor dem 11. Jan. 1911, MWG II/7, S. 28–30, die Karten an dens. vom 13. Jan. und 15. Jan. 1911, MWG II/7, S. 36 und 44 f., Webers Schreiben an den Vorstand der DGS vom 3. Febr. 1911, MWG II/7, S. 80 f., und die Briefe an Oskar Siebeck vom 20. Febr. und am oder nach dem 2. März 1911, MWG II/7, S. 108 f. und 123 f. Als nicht erfolgreich hatten sich seine Anfragen bei den Verlagen Dr. Werner Klinkhardt und Quelle & Meyer, beide Leipzig, erwiesen. Außerdem sollte Weber die Redaktion des Verhandlungsbandes übernehmen einschließlich der Kürzung der Diskussionsbeiträge, die stenographisch aufgenommen worden waren.6 „Die stenographische Wiedergabe der Diskussion soll von Herrn Prof. Weber in angemessener Weise zusammengestrichen werden“, heißt es im Protokoll der Vorstandssitzung vom 5. Jan. 1911, hier zitiert nach der Editorischen Vorbemerkung zum Brief Max Webers an Oskar Siebeck, vor dem 11. Jan. 1911, MWG II/7, S. 28. Vgl. auch Brief Max Webers an Oskar Siebeck vom 20. Febr. 1911, MWG II/7, S. 108 f., hier S. 108.

Max Weber war als Gründungs- und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie maßgeblich an der inhaltlichen Gestaltung des Ersten Deutschen Soziologentages beteiligt. Ein Referent sollte sich mit religionssoziologischen Fragen beschäftigen. Dafür hielt Max Weber seinen Heidelberger Kollegen und Freund Ernst Troeltsch für besonders geeignet. An ihn erging denn auch vor dem 8. Februar 1910 eine schriftliche Einladung.7 Vgl. Brief Max Webers an Hermann Beck vom 8. Febr. 1910, MWG II/6, S. 397–399, hier S. 398. Am 8. März heißt es in einem Brief an Hermann Beck, den Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Soziologie: „Was den Soziologentag anlangt, so ist Prof. Troeltsch im Prinzip nicht abgeneigt, teilzunehmen.“ Als Thema für ihn gibt Weber „profanes und religiöses Naturrecht in ihren Beziehungen und Konflikten“ an.8 Brief Max Webers an Hermann Beck vom 8. März 1910, MWG II/6, S. 422 f. Ob Weber oder Troeltsch den Vorschlag machte, über das Naturrecht zu sprechen, ließ sich nicht mehr ermitteln. Im September korrigierte Weber noch einmal die „Eintrittskarte“ zu dem Soziologentag mit dem gesamten Programm. In dem Brief an Hermann Beck heißt es: „bezüglich der Themaformulierung (Tröltsch: ,Religiöses und profanes Naturrecht‘ ohne Zusatz)“.9 Brief Max Webers an Hermann Beck vom 18. Sept. 1910, MWG II/6, S. 610. Schließlich wurde das Referat unter dem Titel „Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht“ geführt.10 Gedruckt unter diesem Titel: Troeltsch, Ernst, Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht, in: Verhandlungen 1910 (wie oben, S. 741, Anm. 1), S. 166–192 (hinfort: Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht). Troeltschs Vortrag erschien außerdem in: Historische Zeitschrift, Band 106, Heft 2, 1911, S. 237-267 (ediert in: KGA 6). Einen ausführlichen Bericht über Troeltschs Vortrag, dort allerdings mit dem Titel „Religiöses und profanes Naturrecht“ (vgl. dazu oben im Text), und über die anschließende Diskussion gibt die Frankfurter Zeitung: Erster Deutscher [743]Soziologentag, in: Frankfurter Zeitung, 55. Jg., Nr. 292 vom 22. Okt. 1910, 3. Morgenblatt, S. 2.

[743]Troeltsch hielt sein Referat am Nachmittag des zweiten Verhandlungstags, am Freitag, den 21. Oktober 1910. Er unterschied darin die „soziologischen Naturgesetze von den idealen Gesetzgebungen der verschiedenen Ideenmächte“.11 Troeltsch, Stoisch-christliches Naturrecht, S. 166. Das christliche Idealgesetz gestalte sich durch die gesamte Kulturgeschichte in Auseinandersetzung mit den Naturgesetzen, aber auch mit außerchristlichen Idealgesetzen. Dabei ging er auch auf die für Soziologen besonders relevante gemeinschaftsbildende Kraft des christlichen Idealgesetzes ein, welche die Sozialgestalten Kirche, Sekte und Mystizismus (Enthusiasmus) hervorgebracht habe. Weber äußerte sich kurz nach dem Soziologentag über den Vortrag. Er hielt ihn für vorbildlich, auch weil Troeltsch alle Werturteile vermieden habe: „Troeltsch: Vortrag ausgezeichnet, vor allem: gänzlich wertfrei – Debatte die beste des Tages.“12 Vgl. Brief Max Webers an Franz Eulenburg vom 27. Okt. 1910, MWG II/6, S. 655 f., hier S. 655. Max Weber hatte das Prinzip der Werturteilsfreiheit in die Statuten (§ 1) aufnehmen lassen; vgl. Brief Max Webers an Lujo Brentano, 2. Aprilhälfte 1909, MWG II/6, S. 107 f., hier S. 107, sowie Editorische Vorbemerkung zum Brief an Hermann Beck vom 31. Aug. 1909, MWG II/6, S. 240.

An der Debatte beteiligten sich Weber (zweimal), Ferdinand Tönnies, Eberhard Gothein, Georg Simmel, Martin Buber und Hermann Kantorowicz, bevor Troeltsch das Schlußwort hatte.13 Die Diskussionsbeiträge sind abgedruckt in: Verhandlungen 1910, S. 192–214. Ferdinand Tönnies, selbst ein Experte auf dem Gebiet des Naturrechts, eröffnete die Diskussion mit einem langen kritischen Kommentar. Weber reagierte in seinem ersten Diskussionsbeitrag zunächst darauf, bevor er sich direkt zu Ernst Troeltschs Ausführungen äußerte.14 Unten, S. 747–753, zu Troeltsch S. 754–761. Er stimmte seinem Heidelberger Kollegen weitgehend zu, betonte aber, man müsse bei der Unterscheidung zwischen Kirche, Sekte und Mystizismus auf die empirischen Mischungsverhältnisse achten. In diesem Zusammenhang lenkte er die Aufmerksamkeit auch auf das Urchristentum und auf das orthodoxe Christentum. Er betonte den Einfluß des antiken Mystizismus, der die orthodoxen Kirchen immer noch präge. In diesem Zusammenhang ging er auch auf die Kirchenbegriffe im Denken des Slawophilen Aleksej Stepanovič Chomjakov und des Religionsphilosophen Vladimir Sergeevič Solov’ev ein. Es ist freilich nicht klar, welche Schriften er dabei vor Augen hatte.15 Treiber nimmt an, daß Weber seine Kenntnis der beiden russischen Autoren aus dem 1910 erschienenen 2. Band einer in 6. Auflage erschienenen russischen Ausgabe von Miljukov, Pavel N., Skizzen russischer Kulturgeschichte, 2 Bände. – Leipzig: E. Wigand 1898–1901 („Očerki po istorii russkoj kul’tury“), bezog, deren Vorgängerauflage er für seine Rußland-Studien gelesen hatte (vgl. MWG I/10, S. 745). In diese Ausgabe habe Miljukov einen hier thematisch passenden Passus über Chomjakov [744]und Solov’ev eingefügt. Vgl. Treiber, Hubert, Max Weber und die russische Geschichtsphilosophie, in: Religionssoziologie um 1900, hg. von Volkhard Krech und Hartmann Tyrell. – Würzburg: Ergon 1995, S. 249–288 (hinfort: Treiber, Russische Geschichtsphilosophie), hier S. 265 mit Anm. 29. Für 1906 läßt sich belegen, daß Weber sich Bücher und Schriften aus Rußland schicken ließ; vgl. den in der Einleitung, MWG I/10, S. 15–17, abgedruckten Brief von Bogdan Kistjakovskij vom 6./19. Mai 1906 an Max Weber. Weber könnte aber genauso gut seine Anregungen anderweitig bezogen haben; vgl. die Sacherläuterungen unten, S. 756 mit Anm. 37 und S. 758 mit Anm. 43. Immerhin wird deutlich, daß sein Interesse an den russischen Verhält[744]nissen keineswegs erlahmt war, also nicht auf seine Rußland-Studien von 1905/06 beschränkt blieb.16 Ediert in: MWG I/10. Zum Kirchenbegriff von Chomjakov und von Solov’ev äußert er sich in den Texten nicht. Von Solov’evs „Glauben an die ethisch-religiöse Eigenart der politischen Aufgabe des Russentums“ wußte Weber aber durch mündliche Vermittlung schon 1905 (vgl. Weber, Zur Lage der bürgerlichen Demokratie in Rußland, MWG I/10, S. 124). Außerdem hatte er Solov’evs „Die nationale Frage Rußlands“ in der russischen Gesamtausgabe gelesen (ebd., S. 144, Fn. 26a). – Ausführlich über Webers Beschäftigung mit Rußland nach 1905/06 die Einleitung von Wolfgang J. Mommsen, in: MWG I/10, S. 1–54, hier S. 1–25. Er pflegte neben dem Briefwechsel mit russischen Gelehrten17 Wolfgang J. Mommsen berichtet in der Einleitung, MWG I/10, S. 24, Weber habe in jenen Jahren insbesondere mit Bogdan Kistjakovskij, Sergej Bulgakov und Aleksandr A. Kaufman korrespondiert. Die Korrespondenz mit russischen Gelehrten ist sehr wahrscheinlich nicht vollständig überliefert. Die spärlichen Hinweise in MWG II/6 und II/7 geben zu Chomjakov und Solov’ev keine weitere Information. auch seine persönlichen Kontakte in Heidelberg, etwa mit Fedor Stepun, der sich mit Solov’ev beschäftigte.18 Stepun geht in seiner bei Wilhelm Windelband verfaßten Dissertation nur mit kurzen Worten auf Solov’evs Glaubensverständnis und mystische Erfahrung ein, vgl. Steppuhn, Friedrich, Wladimir Ssolowjew. – Leipzig: Eckardt 1910, S. 92 f. Dazu näher: Treiber, Russische Geschichtsphilosophie (wie oben, Anm. 15), S. 266–268. Für die russische Ausgabe des „Logos“, die im Oktober 1911 erscheinen sollte, wollte er einen Beitrag über die Ethik Tolstois verfassen. Marianne Weber berichtet im „Lebensbild“ außerdem von einem Buchprojekt über Tolstoi, doch schrieb er weder den Artikel noch das Buch.19 Vgl. Einleitung, MWG I/10, S. 24 mit Anm. 64, und Brief Max Webers an Heinrich Rickert, um den 24. Juli 1911, MWG II/7, S. 250 f., hier S. 250 mit Anm. 1. Zum Buchprojekt vgl. Weber, Marianne, Lebensbild3, S. 474. – Im Brief an Marianne Weber vom 1. Nov. 1910, MWG II/6, S. 674 f., berichtet Max Weber über Tolstoi-Bettlektüre. – Zu Webers Tolstoi-Lektüre, die sich teilweise schon in den Rußland-Studien 1905/06 niederschlägt, vgl. auch Hanke, Edith, Prophet des Unmodernen. Leo N. Tolstoi als Kulturkritiker in der deutschen Diskussion der Jahrhundertwende. – Tübingen: Niemeyer 1993, hier S. 168 ff.

Auch Webers zweite Intervention20 Unten, S. 761–764. war weniger durch Troeltschs Vortrag als durch einen Diskussionsbeitrag von Georg Simmel veranlaßt. Dieser hatte die Unmittelbarkeit im Verhältnis von Mensch und Gott als das Entscheidende im Christentum betont, demgegenüber die Sozialgestalten, die das Christentum annehmen könne, gleichgültig seien. Auch hier ging es für Weber letztlich [745]um die von Troeltsch aufgeworfene Frage, in welchem Sinne das Christentum trotz Anerkennung dieser Unmittelbarkeit gemeinschaftsbildend wirkte. Er kommt auch auf die für seine eigenen religionsgeschichtlichen Untersuchungen zentrale Frage zu sprechen, wie das Verlangen nach der „certitudo salutis“ die Lebensführung bestimmte.

Die gedruckten „Verhandlungen“ des ersten Deutschen Soziologentages wurden am 8. Juni 1911 an die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Soziologie versandt.21[745] Vgl. die Mitteilung Paul Siebecks an Max Weber unter diesem Datum (VA Mohr Siebeck, Deponat BSB München, Ana 446). Max Weber muß folglich seine eigenen Beiträge für den Protokollband in den ersten Monaten des Jahres 1911 – vermutlich auf der Basis des Stenogramms – für den Druck vorbereitet haben.22 Außer den hier edierten Diskussionsbeiträgen zu Ernst Troeltschs Vortrag legte Max Weber von sich vor: Geschäftsbericht der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, in: Verhandlungen 1910, S. 39–62 (MWG I/13) sowie die Diskussionsbeiträge zu dem Vortrag von Werner Sombart, Technik und Kultur, ebd., S. 95–101 (MWG I/12), von Alfred Ploetz, Die Begriffe Rasse und Gesellschaft, ebd., S. 151–165 (MWG I/12), von Andreas Voigt, Wirtschaft und Recht, ebd., S. 265–270 (MWG I/12) und von Hermann Kantorowicz, Rechtswissenschaft und Soziologie, ebd., S. 312, 313 (MWG I/12).

II. Zur Überlieferung und Edition

Ein Manuskript ist nicht überliefert, auch nicht das Stenogramm der Verhandlungen.23 Die Durchsicht der Konvolute/Titel der Akten der DGS – I. Periode (1909–1914) nach dem Stenogramm in der SHLB Kiel, NI. Ferdinand Tönnies, verlief ergebnislos (E-Mail-Auskunft Dr. Kornelia Küchmeister, SHLB Kiel, an Ursula Bube vom 22. Okt. 2012). Der Abdruck der beiden Diskussionsbeiträge Max Webers im Anschluß an den Vortrag von Ernst Troeltsch „Das stoisch-christliche Naturrecht und das moderne profane Naturrecht“ folgt: Verhandlungen des Ersten Deutschen Soziologentages vom 19.-22. Oktober 1910 in Frankfurt a.M. Reden und Vorträge von Georg Simmel, Ferdinand Tönnies, Max Weber, Werner Sombart, Alfred Ploetz, Ernst Troeltsch, Eberhard Gothein, Andreas Voigt, Hermann Kantorowicz und Debatten (Schriften der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, I. Serie, I. Band). – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1911, S. 196–202 [1.] und S. 210 f. [2.]. Beide Texte sind als A sigliert. Die mitgeführte Randsigle weist die Seiten der Druckvorlage aus. Beide Beiträge werden mit dem Titel des Referats von Troeltsch überschrieben. Da Weber die Redaktion des Bandes selbst in der Hand hatte, muß er auch seine eigenen Diskussionsbeiträge überprüft, offensichtlich auch überarbeitet haben.24 Über den „Ersten Deutschen Soziologentag“ berichtet die „Frankfurter Zeitung“ (wie oben, S. 742 f., Anm. 10). Dabei gibt sie auch Webers Diskussionsbeiträge kurz [746]wieder. Hier wird etwas berichtet, was in den Weber-Beiträgen in den „Verhandlungen“ nicht mehr vorkommt. Vgl. unten, S. 754, Anm. 30. Sie können als autorisiert gelten.

[746]Max Webers Diskussionsbeiträge werden in den „Verhandlungen“ jeweils eingeführt mit „Professor Dr. Max Weber, Heidelberg“ (S. 196) bzw. „Professor Dr. Max Weber-Heidelberg“ (S. 210). Zwischenrufe werden nur da (in Kleindruck) eingefügt, wo dies für den Zusammenhang nötig ist, sonst im textkritischen Apparat wiedergegeben.25 Unten, S. 748, 751 und S. 764; S. 752, textkrit. Anm. f, S. 763, textkrit. Anm. o. Setzt nach einer Intervention Webers Rede wieder ein, kennzeichnet das Protokoll den Sprecher erneut mit „Prof. Dr. Max Weber.“ Das entfällt in der Edition. Die Emendierung von „erklärt“ zu „verklärt haben“, unten, S. 756 mit textkritischer Anm. i, und von „exozentrischer“ zu „egozentrischer Grundlage“, unten, S. 762 mit textkritischer Anm. n, folgen: Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik. – Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1924, S. 466 bzw. 470.

Im Sacherläuterungsapparat wurden die von Max Weber ursprünglich nur mündlich vorgetragenen Titel ausbibliographiert. Für die Sachkommentierung wurde auf die ihm bekannte, vor allem in den Aufsätzen zur „Protestantischen Ethik“ und zu „,Kirchen‘ und ,Sekten‘“ zitierte Literatur rekurriert, aber auch z. B. auf Troeltschs „Soziallehren“, die seit 1908 in Fortsetzung im „Archiv“ erschienen.26 Vgl. Troeltsch, Soziallehren I–III (KGA 9). Darüber hinaus wurden die im Handapparat Max Webers überlieferten Werke herangezogen, z. B. Karl Müllers „Kirchengeschichte“, die Weber sich erst Ende Juli 1908 vom Verlag hatte zuschicken lassen, weil sein „Buch“ verloren gegangen war,27 Vgl. Max Webers Brief an Paul Siebeck vom 27. Juli 1908, MWG II/5, S. 609. Unklar bleibt hiernach, ob es sich um Müller, Kirchengeschichte I oder II/1 handelt (eventuell Band I, weil 1905 davon ein anastatischer Neudruck erschienen war? Handexemplar Max Webers in der Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München). oder Adolf Harnacks „Dogmengeschichte“ in 2. Auflage (Max Weber-Arbeitsstelle, BAdW München), von der er sehr wahrscheinlich auch die nachfolgenden Auflagen kannte, die als „Lehrbuch der Dogmengeschichte“ (3. und 4. Aufl.) erschienen.28 Vgl. unten, S. 748 f. mit Anm. 8. Alles weitere mußte erschlossen werden. Zu Chomjakovs und zu Solov’evs Kirchenbegriff wurde die bis 1910 erschienene Literatur benutzt.29 Vgl. unten, S. 756, Anm. 37, und S. 758, Anm. 43. Was Weber zu bestimmten Spezialfragen tatsächlich gelesen hat, muß offenbleiben.30 Vgl. oben, S. 743 f., Anm. 15. Das gilt z. B. für Webers Bemerkungen über die schottischen Kirchenverhältnisse, über Clemens von Alexandrien sowie seine Notiz, die italienischen Städte und ihre Zünfte hätten „in der Zeit der großen Kämpfe“ im Gegensatz zu den (ländlichen) Feudalgewalten auf Seiten des Papstes gestanden.31 Vgl. unten, S. 750, 752 f. und S. 763.